Pater Elmar Salmann: Die Weltweite christlicher Botschaft

Auslegung der Lesungen vom Hochfest Dreifaltigkeit / Lesejahr B

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Wie können wir Menschen Gott ergründen? Ist das überhaupt möglich? Diesen Fragen widmet sich Pater Elmar Salmann OSB und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

Lang, umwegig, kühn ist die Reise der Gottentdeckung des Menschen, ungemessen weit die Landschaft Gottes, in der der Suchende sich zu verlieren droht – wenn diese nicht in dem Geheimnis der Dreifaltigkeit ein Profil gewönne.

Im Buch Deuteronomium begeht der Leser die Tiefe, Abgründigkeit der Vorzeit, der Urereignisse der Menschheit, sodann das Oben und Unten, die Ordnung des Kosmos, das Auf und Ab der Geschichte so, dass er in alledem Spuren der Gegenwart des Göttlichen, seiner unerhörten und tragenden Spannweite entdeckt, des Gottes, der Zuverlässigkeit und Ortung im verheißenen Land, im Herzen und im Gebot eines guten Lebens gewinnt.

Gott hilft bei gelingendem Leben

Die Lesungen vom Hochfest Dreifaltigkeit / Lesejahr B zum Hören finden Sie hier.

Der große Gott erweist sich als bergender Raum, als Geleit in der Geschichte, als Gabe und Aufgabe gelingenden Lebens. In diesem Schwellenbuch des Ersten Testaments setzt sich auf höchst differenzierte Weise der Monotheismus in Szene, erscheint der Eine Gott in der Vielfalt seiner Präsenzweisen. Elementare Erfahrung, geschichtliches Gedenken, prophetischer Atem, priesterliches Ritual, politische Option und theologisches Nachdenken finden zueinander.

Mit der Lesung aus dem Römerbrief wird der Stab an die Dimension und Innenkraft des Geistes übergeben, in dem und aus dem Gott und Mensch leben, wirken, erkennen, aufatmen, einander zugedacht und geneigt sind. Deshalb sind die Menschen nicht mehr Sklaven, sondern freigesprochene und adoptierte Söhne und Geschwister, in Gott neu geboren – und deshalb auch Erben, wie Christus es war und bleibend ist und wir von ihm her und auf ihn hin.

Das Erbe ist verpflichtend und doch befreiend

Den Menschen, die Kirche als Miterben, die Christenheit als Erbengemeinschaft zu verstehen, das ist ein wenig bedachtes Bild, ein einladender Gedanke. Das Erbe ist uns überkommen, vorgegeben, auch verpflichtend – und doch befreiend. Über das Ererbte kann der Erbe verfügen, allerlei mit ihm anfangen, es ummünzen, auf schöpferische Weise investieren. Und so dem freien ursprünglichen Geist des Gebers und Erblassers, seines Gottes, entsprechen.

Dass es damit auch immer wieder zu Erbstreitigkeiten kommt, zu verschiedenen Auslegungen der Tradition, bleibt nicht aus. Nicht umsonst ist in der Bibel und der Geschichte ständig auch von feindlichen Brüdern zu hören. Wie gut wäre es, wenn wir uns stolz und demütig als (Mit-) Erben anerkennen und leben lassen könnten und jeder mit dem ihm zukommenden Talent zu wuchern und sein Leben zu gestalten wüsste.

Das Bild vom Einen Gott

Schließlich wird der Leser und Hörer nach Galiläa entführt, der Urheimat Jesu, dem Ort der ursprünglichen Armut, wo alles seinen Anfang nahm und auch der Neuaufbruch in die Ferne und Weite verortet ist. Hier öffnet sich ein für alle Mal der Horizont ungeahnter Zukunft, die Weltweite der christlichen Botschaft und seiner ungezählten Verwirklichungsformen. Ungemessen der Raum Gottes, ebenso unabsehbar die Orte, Stile, Weisen kultureller und religiöser Wahrnehmung und Einlösung.

Im Reigen der Texte und Visionen entsteht langsam das Bild vom Einen Gott und seinem Licht in den vielen Brechungen, Perspektiven, die er ermöglicht und durchläuft. Aber wo und wie lebt seine Identität?

Der gesellige Gott fordert und fördert

Wenn wir unseren Weg der Betrachtung und Erschließung der Texte ernst nehmen, kann man zaudernd sagen: Gottes Wirklichkeit ist nicht monoton, kein Ein-Mann-Betrieb, keine anonyme oder diffuse Sphäre, sondern eher ein Spiel- und Atemraum des Einander von personalen Wirklichkeiten und Perspektiven, die gänzlich voneinander verschieden sind, differieren und gerade darin einander leiden mögen, einander zugeneigt sind, erkennen, wohlwollen, sich an-, mit- und füreinander steigern, herausfordern. Unendlich sind die Variationen dieses Ein-ander: für-, mit-, neben-, zu-, vor-, nach-, von-, aus-, gegen-einander.

Darin erfindet sich das göttliche Leben in ewigem Spiel neu und lässt auch Platz für einen jeden und alle Menschen und die vielen Weisen ihrer Beziehungen. Der gesellige Gott fordert und fördert den geselligen Menschen, gibt ihm Leben und Atem und Freude an der Verschiedenheit und Eintracht aller Wesen, die darin einander verstehen. So ist der dreifaltige Gott zugleich die geheime Grundstruktur unseres sozialen und intimen Lebens, das seinerseits auf diesen Urquell und dieses Urbild verweist und ausgerichtet ist.

Sämtliche Texte der Lesungen vom Hochfest Dreifaltigkeit / Lesejahr B finden Sie hier.

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