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Wie werden Nachfolgerinnen und Nachfolger gefunden? Diese elementare Frage im Alltäglichen stellte sich bereits zu Jesu Lebzeiten - die Antworten von damals können uns auch heute noch helfen, sagt Pfarrer Stefan Rau und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.
Wer wird der nächste Papst, wer wird der nächste Bischof von Münster? Wer kommt wohl als Nachfolgerin unserer Pastoralreferentin, wen können wir neu in den Pfarreirat, ins Team der KFD wählen? Wer ist dazu berufen – wer ist dazu fähig – wer ist dazu bereit? Die Nachfolgefrage beschäftigt Kirchen und Gemeinden, Parteien und Vereine, Fußballclubs und Chöre, Handwerker und Landwirte. Da werden persönliche Wünsche formuliert und fachliche Erwartungen sondiert, Traditionen erinnert und zeitgemäße Formen eingefordert, Kandidatennamen auf und unter dem Tisch diskutiert.
Wie werden Nachfolgerinnen und Nachfolger gefunden, gewählt, bestellt? Dazu haben die christlichen Kirchen in 2.000 Jahren die unterschiedlichsten Modelle für ihre Ämter und Dienste durchgespielt: von freien Wahlen und bedingten Berufungen bis hin zu quasimonarchischer Vererbung in der Familie. In unserer Kirche heute ist die Frage Anlass zu intensiven Diskussionen um Kompetenz, Repräsentanz, Transparenz, Partizipation und Synodalität.
Berufung und Nachfolge bei frühen Christen
Die Lesungen vom vom 7. Sonntag der Osterzeit / Lesejahr B zum Hören finden Sie hier.
Am 7. Ostersonntag schildert die erste Lesung aus der Apostelgeschichte anschaulich das Verfahren und die Kriterien für die Nachfolgeregelung des Judas. In dieser Lesung finden wir ein Modell, das heute sicher nicht schlicht zu übernehmen ist, aber in seiner Nähe zum irdischen Jesus interessante Aspekte zur Nachfolgeregelung bieten kann.
Denn mit den Lesungen aus der Apostelgeschichte zwischen Himmelfahrt und Pfingsten entfaltet die Kirche ein lebendiges (Ideal-)Bild der frühen Christen um Berufung und Nachfolge: Den Beginn hören wir jedes Jahr als erste Lesung an Christi Himmelfahrt (Apg 1,1-11), die Fortsetzung am 7. Sonntag der Osterzeit im Lesejahr A (Apg 1,12–14). In unserem Lesejahr B hören wir die weitere Fortsetzung mit Apg 1,12–26*, im Lesejahr C mit Apg 7,55-60 dann die Stephanusgeschichte. Den Abschluss dieses kleinen Lesezyklus bildet am Pfingsttag immer Apg 2,1-11 „Als der Pfingsttag gekommen war …“.
Mit dem Geist-Beistand
Einen Verständnisschlüssel für unsere Lesung finden wir in der Himmelfahrtsperikope. Als sein letztes Wort, sein Testament hinterlässt Jesus seinen Jüngern das Versprechen: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und ihr werdet meine Zeugen sein … bis an die Grenzen der Erde“ (Apg 1,8). Wohlgemerkt „Ihr werdet“ – nicht „Ihr sollt“: Wen der Herr in seine Nachfolge ruft und wer dazu Ja sagt, der bleibt nicht ohne den Beistand des Geistes, der kann dann gar nicht anders als sein Zeuge sein. Sein Versprechen: die Kraft des Heiligen Geistes; seine Berufung: lebendige Zeugen sein; seine Zielgruppe: alle Menschen dieser Erde.
Das ist die große Vision, dazu die Konkretion in unserer Lesung: Nach der Himmelfahrt kehren die Apostel vom Ölberg nach Jerusalem zurück – mit den Frauen, mit Maria und seinen Brüdern. Sodann wird unsere Nachfolgefrage aufgerufen: Judas ist ausgeschieden, wer wird sein Nachfolger im Kreis der Apostel?
Berufungsprofil: Zeugin oder Zeuge der Auferstehung