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Der katholische Jugendbischof Stefan Oster fordert von den kirchlichen Jugendverbänden, mehr die Gottes- und Glaubensfrage in den Mittelpunkt zu stellen. Mit weiten Teilen der Kirche gäben sich die Verbände mit einer „Lightversion des Evangeliums“ zufrieden, sagte Oster am Freitag während seines Antrittsbesuchs bei der Hauptversammlung des Bundes der Katholischen Jugend (BDKJ) im bergischen Odenthal-Altenberg.
Oster lobte das sozialpolitische Engagement der Verbände etwa für Flüchtlinge und dankte ihnen für die demokratische Beteiligungskultur gerade in der jetzigen Zeit. Kritik übte er aber an dem BDKJ-Positonspapier „Theologie der Verbände“, in dem Jesus „zu einer Karikatur“ verkommen sei. Er sei nicht „so ein Netter“, der die unterschiedlichen Wege, mit ihm zu leben, einfach bestätige. Vielmehr sei er die „größte Herausforderung“ seit Menschengedenken.
Appell, gegen Abtreibung aufzustehen
Die Verbände haben nach den Worten Osters vergessen, Jesus als denjenigen zu verkündigen, der den Einzelnen zu einer dramatischen persönlichen Entscheidung herausfordere und rette. Er sei das Proprium der Kirche, aus dem alles andere wie etwa gesellschaftliches Engagement folge. Als positives Beispiel nannte Oster die katholische Jugendorganisation „Loretto Gemeinschaft“ in Österreich, die diese Botschaft beispielhaft vertrete und die für ihr Pfingstreffen in Salzburg 7.000 Jugendliche mobilisiere, davon die Hälfte aus Deutschland.
Oster appellierte an die Verbände, gegen Abtreibungen aufzustehen. 90 Prozent der Embryonen mit Down Syndrom würden abgetrieben. Zudem rief er dazu auf, sich mehr mit dem Islam auseinander zu setzen. Neben Wertschätzung müsse es auch kritische Anfragen an manche Erscheinungsformen geben. Auch sollten sich die Verbände für ein Familienrecht stark machen, bei dem Eltern für sich selbst und für ihre Kinder abstimmen können.
BDKJ weist Vorwürfe zurück
In der kontroversen Diskussion wiesen Delegierte und der BDKJ-Bundespräses Pfarrer Dirk Bingener entschieden den Vorwurf der „Lightversion des Evangeliums“ zurück. Der BDKJ-Bundesvorsitzende Wolfgang Ehrenlechner forderte, den „Zaun der Reizthemen“ wie Zölibat oder die Nichtzulassung von Frauen zu kirchlichen Ämtern niederzureißen, der für viele Menschen eine Barriere für den Glauben darstelle.
Oster selbst hatte in seinem Statement vom „Zaun der Reizthemen“ gesprochen, der den Zugang zum Glauben verstelle. Der Bischof warb dafür, zuerst einmal die Kirche als Wohnort Gottes erfahrbar zu machen. Aus dieser Innensicht verändere sich dann auch der Blick auf die Reizthemen.
Diözesanverband Münster: „Vorwürfe nicht gerechtfertigt“
Auch Kerstin Stegemann, BDKJ-Diözesanvorsitzende aus Münster, war von der Intensität der Kritik überrascht. „Die Vorwürfe sind nicht gerechtfertigt“, sagte sie zu „Kirche+Leben“. „In den Jugendverbänden sind viele Menschen unterwegs, die sehr wohl wissen, aus welchem Glauben heraus sie handeln, und denen es wichtig ist, dies weiterzugeben.“ Dabei schafften sie eine wichtige Kontaktfläche, weil sie die Jugendlichen in ihrer Lebenswelt abholten und nicht gleich mit übersteigerten Ansprüchen an sie heranträten. „Da leisten die Jugendverbände großartige Arbeit.“
Diese Arbeit mit Angeboten anderer Jugendorganisationen wie der „Loretto Gemeinschaft“ in Konkurrenz zu setzen, hält Stegemann, die an der Versammlung in Altenberg teilnimmt, für falsch. „Es gibt keine Angebote, die besser für die Kirche sind, und andere, die schlechter sind.“ Erstaunt über die Forderungen von Jugendbischof Oster war sie auch, weil sie in der Zusammenarbeit mit Münsters Bischof Felix Genn anderes kennt, sagte Stegemann. „Sehr viel Wohlwollen und Unterstützung.“
„Sie sind frech – wir sind frech“
Bei aller Härte endete die Diskussion während der Hauptversammlung des BDKJ jedoch versöhnlich und mit dem Wunsch, weiter miteinander zu reden. „Ich will euch nicht niedermachen“, betont Oster, „wohl aber herausfordern“. Ein DPSG-Vertreter dankte ihm, dass er sich „so ernsthaft“ mit dem BDKJ auseinander setze. Das sei besser als „weichgespülte Worte“. Und ein anderer Delegierter meinte zum Bischof: „Ich finde es in Ordnung, dass Sie frech sind – wenn Sie uns zugestehen, dass wir frech sind.“