Expertin Maike Krumm kritisiert jüngste Verschärfungen

Caritas im Bistum Münster: EU-Asylpolitik auf humanitärem Tiefpunkt

  • Die Caritas im Bistum Münster kritisiert die neuen EU-Regeln zur gemeinsamen Asylpolitik scharf.
  • "Anstatt sichere Fluchtwege nach Europa zu schaffen und an den Außengrenzen eine gerechte Verteilung aller Schutzsuchenden zu organisieren, hat die Abschottungspolitik der EU einen neuen humanitären Tiefpunkt erreicht", so Maike Krumm.
  • Sie ist Referentin für Migration und Flüchtlingsarbeit beim Diözesan-Caritasverband.

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Die Caritas im Bistum Münster kritisiert die von der Europäischen Union beschlossenen Regeln zur gemeinsamen Asylpolitik scharf. "Anstatt sichere Fluchtwege nach Europa zu schaffen und an den Außengrenzen eine gerechte Verteilung aller Schutzsuchenden zu organisieren, hat die Abschottungspolitik der EU einen neuen humanitären Tiefpunkt erreicht", schreibt Maike Krumm, Referentin für Migration und Flüchtlingsarbeit beim Diözesan-Caritasverband, in einem Beitrag für den Fachdienst "epd sozial".

Die EU plant einen verbindlichen Mechanismus, der zu einer gerechteren Verteilung von Flüchtlingen führen soll. Er sieht eigene Grenzverfahren vor, die dafür sorgen sollen, dass alle Flüchtlinge registriert werden und jene, die keinen Schutzanspruch haben, aus den Grenzstaaten nicht in andere Länder weiterziehen.

"Schutz im Einzelfall wird ausgehöhlt"

"Die zentrale Zielsetzung des internationalen Flüchtlingsschutzes, nämlich die inhaltliche Prüfung und Gewährung von Schutz für Schutzsuchende - und zwar eines jeden Einzelfalls - wird durch diese Grenzverfahren ausgehöhlt", kritisiert Krumm. Das sei vor allem der Fall, wenn Schutzsuchende keinen angemessenen Zugang zu einer anwaltlichen Vertretung oder verfahrensrechtlicher Beratung haben.

Kritisch sieht die Expertin auch den sogenannten "Solidaritätsmechanismus", für den die EU-Staaten eine bestimmte Zahl an Plätzen für die Verteilung von Flüchtlingen zusichern. "Eine wirksame Entlastung der Außengrenzstaaten kann damit nicht erreicht werden", ist Krumm überzeugt.

"Mehr Pushbacks, mehr politische Deals"

Sie prognostiziert eine Zunahme rechtswidriger Pushbacks - also das oft gewaltsame Zurückweisen Geflüchteter - wie auch eine Ausweitung politischer Deals mit menschenrechtsverletzenden Autokratien in Drittstaaten. Krumm nennt als Beispiele die EU-Türkei-Vereinbarung, das Abkommen mit der libyschen Küstenwache und die neueste EU-Vereinbarung mit Tunesien, das 100 Millionen Euro für sein "Grenzmanagement" bekomme.

Die Migrationsexpertin wirft Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, weder die Rechte von Geflüchteten zu stärken noch das Sterben auf dem Mittelmeer zu bekämpfen. Vielmehr führe die Auslagerung von Verantwortung an Staaten, die sich nicht an menschenrechtliche und demokratische Grundlagen hielten, zur Billigung schwerer Menschenrechtsverletzungen. "Grenzschützer agieren zum Teil ohne jegliche Kontrollinstanz. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle, sondern um einen systematischen Abbau von rechtsstaatlichen Prinzipien an den EU-Außengrenzen", so Krumm.

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