Stadtlohnerin setzt sich seit zehn Jahren für Kinder mit Behinderung ein

Auswanderin Christel Lammers hilft in der Dominikanischen Republik

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Ein Besuch ihrer Tante, einer Hiltruper Missionarin, vor 34 Jahren in der Karibik legte den Grundstein: Christel Lammers (53) aus Stadtlohn engagiert sich seitdem für Kinder mit geistiger Behinderung in der Dominikanischen Republik. Dort lebt sie mittlerweile seit zehn Jahren. Bei einem Heimatbesuch hat „Kirche-und-Leben.de“ mit ihr und der Gründerin des Projekts, Jacinta Torres, gesprochen.

„Ich arbeite so lange in der Dominikanischen Republik, wie ich gebraucht werde“, sagt Christel Lammers. Und das werden wohl noch einige Jahre sein, denn die gebürtige Stadtlohnerin wird sich nach ihrem Heimatbesuch weiter engagiert für das Entwicklungshilfeprojekt „Kleine Schule Sonnenstrahl“ einsetzen, das für sie zu einer Lebensaufgabe geworden ist.

In diesen Tagen besucht Christel Lammers viele Freunde im Münsterland, um von ihrer praktischen sozialen Arbeit zu berichten. Mit dabei ist die Gründerin des Projekts, Jacinta Torres. Sie eröffnet seit mehreren Jahrzehnten in der Dominikanischen Republik behinderten Kindern Zukunftsmöglichkeiten.

Aufbau des Weltladens in Stadtlohn

Christel Lammers und Jacinta Torres sind zwei Frauen, die auf eine lange Freundschaft zurückblicken: Vor 35 Jahren begründeten die Verantwortlichen des Weltladens St. Otger in Stadtlohn die Partnerschaft mit der „Kleinen Schule Sonnenstrahl“ in der Dominikanischen Republik. Mit dabei die damals 18-jährige Christel Lammers, die den Weltladen mitaufbaute.

Was damals klein und bescheiden anfing, ist mittlerweile zu einem ansehnlichen Entwicklungshilfeprojekt geworden. In zwei Schulen erhalten heute mehr als 400 Kinder, die mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung leben müssen, eine ihren Fähigkeiten entsprechende Schulbildung.

Besuch der Tante Schwester Bernita

Vorstellung des Vereins „Jacintas Kinder“ in Stadtlohn
Am Montag, 15. August 2022, sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des örtlichen Weltladens, der Kitas sowie Interessierte um 15.30 Uhr zu einem Treffen in das Otgerus-Haus eingeladen. Im Pfarrzentrum der Pfarrei St. Otger in Stadtlohn werden Christel Lammers und Jacinta Torres über das Projekt Sonnenstrahl berichten.

Zum Projekt „Sonnenstrahl“ gehören zwei Schulen, eine in der Hauptstadt Santo Domingo und eine in Villa Altagracia. Den Schulen angegliedert ist eine Werkstatt, in der Absolventen auf verschiedene Berufe vorbereitet werden. Im Sommer bietet das Projekt „Sonnenstrahl“ Feriencamps für die Schülerinnen und Schüler, die allesamt aus den Armenvierteln ihrer Städte stammen. 

Dass das Projekt immer weiter ausgebaut werden konnte, verdankt die Pädagogin Jacinta Torres der Stadtlohnerin Christel Lammers, die 1988 zum ersten Mal in die Dominikanische Republik kam, um ihre Tante, die Hiltruper Missionarin Schwester Bernita, zu besuchen. „Ich machte damals eine Ausbildung zur Krankenpflegerin im Hiltruper Herz-Jesu-Krankenhaus und wollte wissen, in welchen Projekten meine Tante mithilft“, erinnert sich die 53-jährige Christel Lammers auch an ihren eigenen Einstieg in die kirchliche soziale Arbeit.

Eine Bretterbude für behinderte Kinder

Sie lernte bei ihrem Besuch Land und Leute, die Frauenprojekte der Kirche und dabei Jacinta Torres kennen. Die Einheimische arbeitete in einem Elendsviertel im Projekt „Kleine Schule Sonnenstrahl“. „Es war eine Bretterbude, aber auch die Anfänge in der Sonderpädagogik in diesem bitterarmen Land, wo ein Mensch mit Behinderung es doppelt schwer hat“, sagt Lammers.

Wenig später spendete der Stadtlohner Eine-Welt-Laden jeden Monat 100 Mark, um die Arbeit in der „Bretterbude“ zu unterstützen. Heute sind es jährlich rund 50.000 Euro, die Vereine, Gruppen, Sponsoren und Gönner aus Stadtlohn und ganz Deutschland für die „Kleine Schule Sonnenstrahl“ spenden. Zuwendungen leisten auch das Bistum Münster und Haus Hall, eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung mit Sitz in Gescher. Dort wird auch ein Bruder von Christel Lammers betreut.

Als Krankenschwester in der Karibik

„Menschen mit Handicap brauchen die Förderung, Eine Teilhabe trotz geistiger Behinderung hilft, deren Fähigkeiten zu entdecken und weiterzuentwickeln“, weiß die Stadtlohnerin aus eigenen familiären Erfahrungen.

Lammers hat viel dafür getan, dass diese Förderung auch im Karibikstaat möglich wird. Von 1992 bis 1996 arbeitete sie als Krankenschwester in dem Land. Nach der Rückkehr nach Deutschland studierte sie Soziale Arbeit an der Katholischen Hochschule in Münster, machte eine Zusatzausbildung zur Organisations-Psychologin, arbeitete einige Zeit beim Caritasverband Ahlen im sozialen Brennpunkt „Treffpunkt Ost“ und dann zehn Jahre als Referentin der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH), dem Personaldienst der deutschen Katholiken für Entwicklungszusammenarbeit.

Hilferuf von Jacinta Torres

2012 kam dann der Hilferuf aus der Karibik: Jacinta Torres bat Christel Lammers, zu kommen, um sie zu unterstützen. Die Stadtlohnerin hatte sich dann von ihrem Arbeitgeber für drei Jahre beurlauben lassen, um den Ausbau der „Kleinen Schule Sonnenstrahl“ voranzubringen. Aus den drei Jahren wurden bis heute zehn.

 „Unser Anliegen ist, eine spezielle Frühförderung für Kinder aus armen Familien einzurichten, die massiven psychosozialen Belastungen ausgesetzt sind und an seelischen oder körperlichen Behinderungen und Verhaltensauffälligkeiten leiden“, sagt die sozial Engagierte und erwähnt so nebenbei die Arbeit ihrer 83-jährigen Tante, die nach ihrem Einsatz in der Dominikanischen Republik nun seit vielen Jahren in Peru eine Armenküche betreibt und ein Kinderheim unterstützt.

Vergabe von Kleinstkrediten

Mit dem Verein „Jacintas Kinder“ setzt sich Christel Lammers dafür ein, das Projekt Sonnenstrahl dauerhaft und nachhaltig finanziell zu unterstützen. So sollen die Bildungsangebote auch in Zukunft vielen Kindern zugutekommen. „Aber ebenso durch Kleinstkredite an ihre Familien können Jugendliche mit geistiger Behinderung am Arbeitsleben teilnehmen und ein eigenes Einkommen erwirtschaften.“

Im Projekt Sonnenstrahl mitgeholfen haben in den vergangenen Jahren immer mehrere junge Freiwillige aus dem Bistum Münster im Rahmen eines Soziales Jahrs in Santo Domingo oder in Villa Altagracia.

Spott und Ausgrenzung

Dass der Verein wertvolle Arbeit leistet, begründet Jacinta Torres so: „Jedes zehnte Kind, das in meinem Land in Armut lebt, ist behindert. Kindern mit einer geistigen Behinderung sieht man ihre Einschränkungen oft nicht an. Oft werden sie verspottet und ausgegrenzt.“

Entsprechend motiviert und engagiert ist der Verein „Jacintas Kinder“, wie Lammers betont: „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, den Teufelskreis von Armut und Behinderung zu durchbrechen.“ 

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