Demonstration und Gottesdienst in Münster

Christen und Jesiden gedenken gemeinsam der Verfolgten

Mit einem Gedenkzug durch Münsters Innenstadt und einem Gottesdienst im St.-Paulus-Dom hat das Bistum Münster am Mittwoch den Blick auf die Situation verfolgter Christen und Jesiden im Irak gelenkt.

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Mit einem Gedenkzug durch Münsters Innenstadt und einem Gottesdienst im St.-Paulus-Dom hat das Bistum Münster am Mittwoch (03.08.2016) den Blick auf die Situation verfolgter Christen und Jesiden im Irak gelenkt. Das Datum erinnere an den 3. August 2014, als Truppen des so genannten "Islamischen Staats" (IS) das Gebiet Schingal im Nordirak überfielen, erklärte der stellvertretende Generalvikar des Bistums Münster, Jochen Reidegeld. Seitdem verübe der IS einen Genozid an den Jesiden. Auch die Vereinten Nationen bezeichnen die Vertreibung und Ermordung der Angehörigen dieser religiösen Minderheit als Völkermord.

Schreibweise
Die Mehrheit deutscher Medien verwendet die eingedeutschte Schreibweise "Jesiden". Daneben bestehen die Schreibweisen "Yeziden" und "Eziden" (siehe unser Bild).

Tausende seien ermordet worden, Frauen in IS-Gefangenschaft würden als Sexsklavinnen von IS-Kämpfern missbraucht oder ins Ausland verkauft, beklagte Reidegeld, der den Gottesdienst im vollbesetzten Dom leitete. Eingeladen dazu hatten auf Initiative des Bistums die Gesellschaft jesidischer Akademiker und die Gemeinde arabischsprachiger Christen. Augenzeugen schilderten das Leid der Verfolgten. Mit Gebeten setzten Jesiden, katholische und arabische Christen ein Zeichen der Solidarität für die Menschen in der Kriegsregion.

Auch Christen würden dort systematisch verfolgt und getötet, sagte Reidegeld. Ziel der Terroristen sei es, Jesiden und Christen aus der Region zu vertreiben und auszulöschen: "Die grausamen Taten übersteigen unser menschliches Fassungsvermögen. Umso wertvoller ist es, dass wir als Gläubige unsere Fassungslosigkeit vor Gott tragen und ihn für die Opfer und um den Frieden bitten können."

 

Zeichen gegen das Vergessen

 

Die größte Angst der Verfolgten dort sei es, "von der Welt vergessen und allein gelassen zu werden", sagte Reidegeld. Dagegen wolle der Gottesdienst ein Zeichen setzen. Zuvor erinnerte ein Gedenkzug durch die Innenstadt an die Verbrechen an den Jesiden.

Reidegeld engagiert sich in der Initiative "Aktion Hoffnungsschimmer – Hilfe für Flüchtlinge in Not". Sie setzt sich für Menschen vornehmlich im türkisch-irakischen Grenzgebiet ein. Ziel ist es, nicht nur mit Sach- und Geldspenden zu unterstützen, "sondern auch mit konkreter Hilfe ein Zeichen der Solidarität zu setzen", sagte Reidegeld, der sich im Januar 2015 gemeinsam mit einer Delegation aus Senden erstmals auf den Weg in verschiedene Flüchtlingscamps gemacht hatte. Christliche und jesidische Bürger hatten die Initiative in Senden im Kreisdekanat Coesfeld gegründet.

Das Jesidentum ist eine rund 4.000 Jahre alte Religion, die Elemente und Riten westiranischer und altmesopotamischer Religionen sowie von Judentum, Christentum und Islam verbindet. Die Ursprünge der Jesiden liegen im Irak, in Nordsyrien und in der Südost-Türkei. Weltweit bekennen sich mindestens 800.000 Menschen zum jesidischen Glauben. Die Mehrheit lebt im Nordirak. In Deutschland leben nach Angaben des Jesidischen Forums rund 80.000 Gläubige, die meisten von ihnen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen.

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