Elternkreis aus Lohne (Kreis Vechta) hat das Buch herausgegeben

Comic über das Familienleben mit Handicap: „Wir sind komisch!“

  • Der Comic enthält zwölf professionell gezeichnete und getextete Geschichten.
  • Der Verein „Next Generation“ aus Lohne (Kreis Vechta) hat ihn veröffentlicht.
  • Das Offizialat Vechta hat das Projekt mit 1.500 Euro gefördert.

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Da ist zum Beispiel die Geschichte von Philipp und seinem Vater im Supermarkt. Wie der Junge mit dem Down-Syndrom plötzlich verschwunden war, vom Erdboden verschluckt. Gerade noch hatten die beiden Leergut in den Automaten geschoben. Wo war er bloß geblieben?

„Der Vater hat ihn gesucht und zunächst nicht gefunden - bis irgendwann seltsame Geräusche aus dem Schacht für die leeren Getränkekisten kamen. Philipp war da hineingekrochen. Er wollte einfach nur wissen, was da drin mit Kisten und Flaschen passiert.“  Nicole Nordlohne lächelt und erzählt von der Reaktion der Verkäuferin, die Philipp aus dem Automaten holte: „Oh, das ist aber ein wertvolles Pfand.“

 

Keine schwere Kost – aber mit Botschaft

 

Lustig sind sie, und das sollen sich auch sein - die zwölf Stories in dem neuen Comic, den der Lohner Elternverein „Next Generation“ herausgegeben hat. Nicole Nordlohne, eine der Mütter, die seit Gründung dabei sind und mit im Redaktionsteam saß, erklärt warum: „Wir erleben in unserem Alltag total viel Lustiges. Und wir wollen unser Schicksal nicht dauernd als schwierig vor uns hertragen.“

Deshalb auch der Titel des 64-Seiten-Comics, den die Werbeprofis Carola Welter (Illustration) und ihr Mann Carsten (Text) mitgestaltet haben: „Wir sind komisch.“ Nicole Nordlohne: „Weil wir es auf der einen Seite wirklich sind, und auf der anderen Seite ganz normale Familien, mit eigenen Eigenarten wie alle anderen Familien auch.“

 

„Wir wollen zeigen, wie normal unser Leben sein kann“

 

Es geht in dem Comic deshalb auch nicht etwa darum, politische Botschaften zu formulieren oder das Thema Inklusion durchzudeklinieren. „Aber man merkt beim Durchblättern, dass uns all das widerfährt, was andere Familien auch erleben“, sagt Nicole Nordlohne. Sie erzählt vom körperbehinderten Tim, dem ein Fußballspiel am Fernsehen zu langweilig war. „Also ist er in die Küche gerobbt und hat mit einem Filzstift die Schränke angemalt.“ Sie lächelt. „So etwas kann in anderen Familien ja auch passieren.“

Die Botschaft der Mutter einer bald 19-jährigen Tochter mit Behinderung: „Unser Familienleben ist eine Herausforderung, aber es kann auch wahnsinnig schön sein. Seht unsere Kinder deshalb nicht dauernd als bedauernswerte Wesen, die den ganzen Tag leiden und an ihrem Schicksal verzweifeln.“

 

Als Laura aus Langeweile die Polizei rufen wollte

 

An wen richtet sich der Comic, dessen Entstehen das Offizialat Vechta mit 1.500 Euro förderte? „An jeden, der gerne Comics liest natürlich“, sagt Nicole Nordlohne.  „Besonders an Menschen, die in Kontakt mit Menschen mit Behinderung kommen oder kommen wollen.“ Sie könnte sich auch vorstellen, dass das Heft in Wartezimmern von Arztpraxen ausliegt oder in Kindergärten gelesen wird.

Dass sie in puncto Humor auf ihre Kosten kommen, zeigt etwa Sabrinas Erlebnis: Ihr ging alles viel zu langsam, auch als sie mal fror und erkältet war. Ihr Vorschlag: „Warum kippen wir den heißen Tee nicht einfach in die Wärmflasche?“

Oder Lauras Story, ebenfalls mit Down-Syndrom. „Sie ist eine sehr selbstbewusste junge Dame“, sagt Nicole Nordlohne. „Und wenn ihr langweilig wird, dann kommt sie schon mal auf gute Ideen.“ Einmal, als es ihr mal wieder besonders langweilig war, hat sie bei der Feuerwehr angerufen und gefragt, ob sie nicht mal mit Blaulicht vorbeikommen könnten. Es sei ihr so langweilig.

„Wir sind komisch“ hat 64 Seiten und ist gegen 5 Euro Aufwandsentschädigung zu beziehen über die Internetseite des „Next Generation“-Vereins.

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