Johannes Lorenz zu Innovationen der Tech-Konzerne

Die Gedanken sind frei? Wo der Fortschritt Grenzen haben sollte

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Die großen Tech-Konzerne wie Google versprechen uns ungebremsten Fortschritt. Selbst vor den eigenen Gedanken scheinen sie nicht Halt zu machen. Hier braucht es klare Grenzen, erklärt Johannes Lorenz in seinem Gast-Kommentar.

Die Gedanken sind frei. Wer kann sie erraten? Kein Mensch kann sie wissen….

Wird es in Zukunft dabei bleiben, folgt man dem Text des bekannten Volkslieds weiter, dass am Ende die Gedanken frei bleiben?

Kürzlich machte die Schlagzeile die Runde, dass Elon Musks Firma Neuralink zum ersten Mal einem Menschen ein Implantat in den Schädel gesetzt hat. Damit soll es möglich sein, mit der Macht der Gedanken Computer zu steuern. Abertausende feine Elektroden greifen dafür ins motorische Zentrum des menschlichen Gehirns ein. Die Forschungswelt steht dem Ganzen kritisch gegenüber, untergräbt Musks Firma doch jeden wissenschaftlichen und ethischen Standard.

Gedanken kommerziell anzapfen?

Sicher ist trotzdem, wohin für Musk die Reise in die schöne neue Welt hinführen soll: die Gedanken des Menschen als die letzte Bastion des Privaten kommerziell anzuzapfen. Denn was wir heute schon alles durch unser Klick- und Wischverhalten am Bildschirm unseres Computers oder Smartphones freiwillig über uns preisgeben, ist nichts gegenüber dem, was wir von uns preisgeben würden, wenn eine Firma mithilfe eines Implantats von unseren neuronalen Prozessen auf unsere Gedanken schließen würde.

Sicherlich, solange die Idee einer Hirn-Chip-Schnittstelle der gesundheitlichen Förderung dient, indem zum Beispiel Querschnittslähmungen behandelt werden könnten, ist sie zu begrüßen. Aber hier steht die seriöse Wissenschaft noch ganz am Anfang. Marktschreierische Versprechungen sollten schon allein aus Respekt vor den Betroffenen unterlassen werden.

Der unbedingte Wert der Freiheit

Der Autor
Johannes Lorenz: 1986 wurde ich in Freiburg im Breisgau geboren. Nach dem Abitur bin ich zufällig bei der Theologie gelandet. Die vielen spannenden Themen haben mich aber bis heute nicht mehr losgelassen. Vor allem die Fragen aller Fragen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Und die wichtigste: Was ist der Mensch? Sehr geprägt hat mich meine Zeit während meiner Promotion bei Eberhard Schockenhoff in Freiburg. Heute bin ich als Studienleiter für die Katholische Akademie im Haus am Dom in Frankfurt tätig.

Eine Hirn-Chip-Schnittstelle im Muskschen Sinn wird aber mehr können sollen, das steht fest. Markus Gabriel, der Starphilosoph aus Bonn, wird nicht müde davor zu warnen, dass wir Menschen uns immer mehr zu einer bloßen Ressource der großen Tech-Konzerne entwickeln. Wir sind das digitale Proletariat des 21. Jahrhunderts! Unser Verhalten wird verkauft für teures Geld. Und was bekommen wir dafür? Eine „Gratis“-Suche bei Google.

Wo die Technik uns eigentlich dazu nutzen sollte, eine bessere, gerechtere, menschenwürdigere Zukunft zu entwickeln, geben wir unsere Freiheit an der Garderobe ab und machen uns maximal manipulationsanfällig. Eine Zukunft, in der meine Gedanken nicht mehr frei sind, weil sie zur kommerziellen Ressource verkommen, möchte ich nicht. Warum ziehen wir uns eigentlich freiwillig solche Fußfesseln an?

Das diesjährige Kant-Jahr sollte uns dazu ermutigen, die Gegenerzählung vom unbedingten Wert der Freiheit und Würde des Menschen starkzumachen. Und dazu gehört unbedingt, dass der einzige, ständige Begleiter meiner Gedanken ich selbst bin und es auch bleiben sollte.

In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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