Gast-Kommentar von Bernhard Remmers über soziale Medien

Digital braucht Anstand

Die digitale Welt hat zwei Seiten: eine segensreiche und eine schmutzige. Das thematisiert Bernhard Remmers in seinem Gastkommentar. Er ist Journalistischer Direktor der katholischen Journalistenschule ifp in München.

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Bernhard Remmers kennt sich aus in der Welt der digitalen Medien. Als Journalistischer Direktor der katholischen Journalistenschule ifp in München unterrichtet er diejenigen, die später im Beruf verantwortungsvoll mit Menschen und Nachrichten umgehen wollen.

Bernhard Remmers, geboren 1958 in Münster, ist heute Journalistischer Direktor der katholischen Journalistenschule ifp in München. Zuvor arbeitete er viele Jahre als Journalist bei Tageszeitungen, unter anderem in Flensburg und Hannover. Von 1994 bis 2007 war er Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse in Osnabrück.

In den Kanälen der Sozialen Medien im Internet kann es heftig zugehen: Hass, Gewaltfantasien und Beleidigungen. All das gibt es dort. Und viele Leute suchen dafür nicht einmal den Schutz der Anonymität. Ihre respektlosen bis brandgefährlichen Texte setzen sie unter dem eigenen Namen ab. Ungeniert.

Reichlich naiv erscheint da ein Satz aus einem päpstlichen Schreiben der frühen 1970er Jahre: „In den erstaunlichen Erfindungen der Technik … erblickt der gläubige Christ die von der Vorsehung Gottes gegebenen Mittel, um das Zusammenleben der Menschen auf dieser Erde zu fördern (communio et progessio, 1971).“ Gemeint hatten die gelehrten Herrn im Vatikan damals - gut 30 Jahre vor dem Internet – noch nicht Facebook und Twitter, sondern die Medien insgesamt. Und doch ist der Satz wichtig, wenn wir heute an den Verschmutzungen der digitalen Welt leiden.

 

Vernetzung kann Machthaber ins Wanken bringen

 

Das Internet und seine sozialen Plattformen sind ein Geschenk. Sie erlauben uns eine eigenständige Kommunikation und Vernetzung, die in Diktaturen gelegentlich sogar Machthaber ins Wanken bringen können. Als Christen erleben wir den Wert der digitalen Kommunikation gerade in den Corona-Zeiten besonders deutlich. Wo die Kirchen zum Schutz der Gesundheit geschlossen bleiben, können die Menschen im Internet neue Formen der Gebetsgemeinschaft ausprobieren. Die Kreativität hierfür ist beeindruckend.

Und trotzdem so viel Hass, Schmutz, Wut im Netz. Die großen Rechner der Internetbetreiber belohnen gnadenlos alles, was für Aufregung in ihren Kanälen sorgt. Denn sie wissen genau, dass nur Aufregung in der Flut von Informationen noch für Aufmerksamkeit und damit für die wirtschaftlich so wertvollen Klickzahlen sorgt.

 

Ein Klick für mehr Anstand

 

Wenn wir uns hiervon nicht anstecken lassen wollen, dann braucht es so etwas wie Anstand in der digitalen Welt. Also auch in der digitalen Kommunikation die Wertschätzung des Anderen, die Empathie und Achtsamkeit, die skeptische Urteilsenthaltung, die Schonung des weltanschaulichen Gegners. Mit jedem Post, mit jedem Kommentar in den Sozialen Medien treten wir in eine Beziehung zu anderen Menschen. Das vergessen wir gerne, wenn wir alleine vor dem Bildschirm sitzen.

In Berlin haben die Katholische Akademie und das Kulturbüro der Evangelischen Kirche in Deutschland deshalb die Aktion #anstanddigital gestartet. Wenn Sie sich das nächste Mal also so richtig ärgern über den Umgangston im Netz, dann sollten Sie hier einmal einen Klick machen und gemeinsam mit anderen für mehr Anstand im Netz einstehen. Das sollte uns das Internet wert sein.

Hinweis
Die Positionen der Gast-Kommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche+Leben“ wider.

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