Geistlicher Abend mit dem Bischof im Dom in Münster

Genn: Nicht Strukturpläne weisen Weg der Kirche, sondern das Evangelium

Anzeige

Bischof Felix Genn empfiehlt der Kirche auf dem Weg in die Zukunft die Orientierung am Evangelium. Genn sprach beim Geistlichen Abend im Dom in Münster. Der Bischof bewertete die Bedeutung von Pastoralplänen, gestand Überforderung ein und verteidigte den Synodalen Weg.

Mit Blick auf die schwierige Situation der Kirche aufgrund des Missbrauchsskandals und hoher Kirchenaustrittszahlen hat Münsters Bischof Felix Genn dazu ermutigt, den Blick auf die Anfänge der Kirche zu richten: „Die Kirche hat Zukunft, wenn sie glaubwürdig von der Liebe Gottes sprechen kann und den Leidenden und am Rand stehenden Menschen den heilenden Liebesdienst erweist.“

Genn sprach am Mittwochabend im Dom in Münster im Rahmen der Geistlichen Abende zur Fastenzeit. Diese befassen sich in diesem Jahr mit der Frage, wie Aufbrüche in der Kirche aussehen können.

Das Vertrauen der Jünger

In der Kirche komme es nicht darauf an, ständig neue Pastoralpläne zu schreiben und Strukturfragen verwaltungstechnisch zu lösen. „Auch das ist notwendig. Aber das ist nicht der Weg für die Zukunft der Kirche“, machte Genn deutlich.

Inspirierender und wertvoller sei der Blick auf das Evangelium. Die Geschichte der 72 Jünger (Lukasevangelium 10) zeige, wie die Jünger mit bescheidenen Mitteln auszogen, um von der Liebe unter den Menschen und von Gottes Liebe zu künden: „Die Jünger waren ohne Geld, ohne Strukturplan. Und doch fehlte ihnen an nichts, denn sie hatten Vertrauen“, so Genn.

Genn: Auch ich bin überfordert

Die Kirche müsse sich ständig auf die Liebe zu Gott und zum Nächsten rückbesinnen: „Man erwartet von einem Bischof, dass er gleich einen fertigen Plan hat, wie die Zukunft der Kirche auszusehen hat. Aber auch hier ist ein Bischof überfordert“, sagte Münsters Bischof. Sich dies einzugestehen, sei bei allen notwendigen Reformen wichtig: „In vielen Bereichen sind wir überfordert, und es besteht die Gefahr, an der Überforderung zu zerbrechen.“

Dennoch mache die Geschichte der 72 Jünger Hoffnung auch in einer Krisenzeit wie heute. Jesus trage den Jünger auf: „Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes: Friede diesem Haus!“ (Lk 10,5) Genn betonte: „Frieden ist möglich. Das Böse braucht keine Macht zu haben.“

„Ziel aller Reformen muss die gelebte Liebe sein“

Die Sehnsucht nach Frieden stehe am Anfang der frühen Kirche. Der Bischof verwies auch auf das Gebet des „Vater unser“. Die dort enthaltenen Botschaften von der Vergebung für alle und der Gabe der Brote für andere seien wegweisend für die Zukunft der Kirche.

Mit Blick auf den laufenden Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland betonte Genn, nur die synodale Arbeitsweise sei richtig. Doch dürfe man nicht allein auf die Ergebnisse schauen. „Wir wollen Reformen. Doch das Ziel muss die gelebte Liebe sein.“

Genn schloss angesichts aktueller Krisen und Bedrohungen mit einem Wort des Jesuiten Pedro Arrupe aus dem Jahr 1970: „So nahe war uns der Herr vielleicht noch nie, weil wir noch nie so ungesichert waren.“

Anzeige