Themenwoche: Lecker fasten - what? (1)

„Herrgottsbscheißerle“ aus Schwaben - auch in der Fastenzeit ein Genuss

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Stefan Wallmeyer ist Koch mit Leib und Seele. Der Senior-Chef der Zentralküche in der Benediktiner-Abtei Kloster Gerleve kennt viele Gerichte zur Fastenzeit. Angetan haben es ihm die schwäbischen Maultaschen.

„Nur nicht verkommen lassen“ – die Devise sparsamer und umweltbewusster Hausfrauen und Hausmänner kennt Stefan Wallmeyer. Der zweimalige „Koch des Jahres International“ sorgt seit einigen Jahren mit abwechslungsreichen und raffinierten Speisen für auserlesene Geschmackserlebnisse bei den Mönchen und Gästen der Benediktiner-Abtei Kloster Gerleve in Billerbeck im Kreis Coesfeld.

Schmackhaft soll es auch in der Fastenzeit zugehen. Eine Regel des Ordensgründers Benedikt von Nursia lautet kurz und bündig: „Die Kost sei einfach und gut.“ Das wolle er auch in der Klosterküche umsetzen, sagt Wallmeyer. Ein bekanntes Fastengericht im Münsterland seien die Struwen, weiß der Küchenmeister.

Laienbruder Jakob sei Dank

Themenwoche „Lecker fasten – what?“
Die meisten Menschen verbinden mit der Fastenzeit vor allem Verzicht. Weniger essen, weniger Alkohol, weniger Süßes, weniger Zigaretten, weniger Internet. Doch wenn an manchen Tagen besondere Fastenspeisen auf dem Speiseplan stehen, zeigt sich: Die Fastenzeit kann manchmal auch ziemlich lecker sein. Vier Beispiele zum Nachkochen.

Aber die göttliche Küche habe vieles mehr zu bieten. Die schwäbischen Maultaschen zum Beispiel. „Ein traditionelles Fastenessen in Süddeutschland und ein klösterliches Gericht“, weiß der Senior-Chef der Zentralküche in der Abtei, der für die gastronomischen Genüsse auch in der Jugendbildungsstätte und im Exerzitienhaus von Kloster Gerleve zuständig ist.

Die schwäbischen Maultaschen sind eine Erfindung des Laienbruders Jakob aus dem Zisterzienserkloster Maulbronn. Die Anekdote erzählt es so: Gegen Ende der Fastenzeit fand Jakob während des Dreißigjährigen Kriegs am Wegesrand zufällig ein Stück Fleisch. Während der Fastenzeit war es den Mönchen verboten, Fleisch zu essen, doch Jakob brachte es nicht übers Herz, den wertvollen Fund wegzuwerfen.

Fleisch im Nudelteig

Beim Zubereiten des Gründonnerstagsmahls kam ihm eine Idee: Er hackte das Fleisch klein und mischte es unter das Gemüse. Um seine Mitbrüder nicht in Gewissensnöte zu bringen, versteckte er das Ganze in kleinen Taschen aus Nudelteig und servierte das Mahl als Fastenspeise. Im Volksmund werden die Maultaschen daher auch „Herrgottsbscheißerle“ genannt. 

Seitdem sind die Maultaschen ein beliebtes schwäbisches Gericht zur Fastenzeit, obwohl sie Fleisch enthalten. In vielen schwäbischen Haushalten gibt es die teigummantelten Köstlichkeiten am Gründonnerstag, am Karfreitag und am Ostersamstag gleich nochmal – allerdings in Variationen zubereitet.

In Gerleve geht es klassisch zu

Ein genaues Rezept – etwa aus Klosterzeiten – gibt es nicht, aber zahllose Varianten der gefüllten Nudeln. Stefan Wallmeyer schwört auf die klassischen Zutaten wie Brät, Spinat, Brot, Zwiebeln, Eier, Gewürze und Petersilie. Die Benediktiner in Gerleve haben die Maultaschen bereits mehrfach gekostet und für gut befunden, allerdings nicht als besonderes Fastenessen. In der Karwoche wird Stefan Wallmeyer „klassisch münsterländisch“ kochen. „Am Karfreitag gibt es Struwen, ansonsten in der Karwoche vegetarische Gerichte und ein Fischgericht“, verrät er.

Fleischgerichte gebe es in der Fastenzeit nur selten. Auf die Nachspeise verzichteten die Ordensleute. „Wir wertschätzen die Lebensmittel – nicht nur in der Fastenzeit“, sagt der Koch-Experte.

Schwäbische Maultaschen
Nach einer Empfehlung von Stefan Wallmeyer werden schwäbische Maultaschen so zubereitet: Zutaten für den Teig: 400 g Mehl, 120 g Hartweizengrieß, vier Eier, zwei Esslöffel Öl, 50 ml Wasser; Zutaten für die Füllung: 500 g Hackfleisch, 100 g Speck, 200 g Zwiebeln, zwei Knoblauchzehen, ein trockenes Brötchen, ca. 60 ml lauwarme Milch, 250 g Blattspinat, zwei Eier, Thymian, Muskat, Pfeffer/Salz.
Zubereitung: Das gewürfelte trockene Brötchen in der lauwarmen Milch einweichen. Für den Teig das Mehl, den Hartweizengrieß, die Eier, das Öl und das Wasser in eine Schüssel geben und zu einem glatten Teig kneten. Den Teig in Frischhaltefolie wickeln und für mindestens 30 Minuten ruhen lassen. Für die Füllung das Brötchen in der lauwarmen Milch einweichen. Den Spinat waschen, blanchieren und grob hacken, die Zwiebeln und den Knoblauch fein würfeln. Die Speckwürfel in etwas Butter anrösten, dann die gewürfelten Zwiebeln mit weichschmoren und zum Schluss den Knoblauch kurz mit anschmoren. Das rohe Hackfleisch in einer Schüssel mit dem in der Milch eingeweichten, gut ausgedrückten Brötchen, der abgekühlten Speck-/Zwiebelmasse, dem Ei, sowie den Gewürzen (Salz, Pfeffer, Muskat und Thymian) gut vermengen. Den Teig auf einer bemehlten Fläche sehr dünn ausrollen und in Quadrate schneiden. Die Hackfleischmischung auf die Teig-Quadrate geben, die Ränder mit Ei bestreichen und zu Maultaschen zusammenklappen. Die Maultaschen in siedendem Salzwasser etwa 8-10 Minuten ziehen lassen, bis sie an die Oberfläche steigen.
Varianten: Klassisch in Brühe mit Schnittlauch oder mit roten Zwiebeln und Kräuterbutter angeschmort, in einer Sahnesauce mit Basilikum und Tomatenwürfel gelegt oder in einer Sahnesauce mit Schimmelkäse und Tomatenwürfel.

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