Kurienkardinal: „Wir akzeptieren keine Polygamie“

Kardinal Müller gegen eigenmächtige Deutung der Ehelehre

Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller hat den Deutungsanspruch von Bischöfen im Blick auf das Papstschreiben „Amoris laetitia“ zu Ehe und Familie kritisiert. Es sei nicht gut, wenn Bischofskonferenzen eine offizielle Interpretation des Papstes vorlegen wollten.

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Der deutsche Kurienkardinal Gerhard Ludwig Müller hat den Deutungsanspruch von Bischöfen im Blick auf das Papstschreiben „Amoris laetitia“ zu Ehe und Familie kritisiert. Es sei nicht gut, wenn Bischofskonferenzen eine offizielle Interpretation des Papstes vorlegen wollten. „Das ist nicht katholisch“, sagte der Präfekt der römischen Glaubenskongregation dem katholischen Sender EWTN. Das Dokument müsse im Kontext der gesamten katholischen Tradition gelesen werden. Es gebe keine „zwei Lehrämter, eines vom Papst und ein anderes der Bischöfe“.

Müller bezog sich auf die Diskussion, ob und inwieweit das im April 2016 veröffentlichte Schreiben „Amoris laetitia“ wiederverheirateten Geschiedenen einen Weg für die Zulassung zur Kommunion eröffnet. Der Kardinal sagte dazu, es sei „absolut unmöglich“, dass der Papst eine Lehre vorlege, die offen gegen die Worte Jesu stehe. Die katholische Position zur Ehe sei „absolut klar“. Franziskus gehe es in seinem Schreiben darum, Menschen in einer problematischen Lebenssituation „als gute Pastoren zu dem Punkt zu führen, dass sie die christliche Lehre voll annehmen können“.

 

Müller: Zulassung zu Sakramenten nur bei geschlechtlicher Enthaltsamkeit

 

Eine Zulassung zu den Sakramenten sei für wiederverheiratete Geschiedene nur unter der Bedingung geschlechtlicher Enthaltsamkeit möglich. Die Kirche könne jedoch nicht neben einer sakramental gültigen Ehe eine weitere Zivilehe anerkennen. „Wir akzeptieren keine Polygamie“, so Müller. Das Interview wurde Donnerstag als Video im Internet veröffentlicht; am Wochenende erschienen schriftliche Auszüge in Sozialen Netzwerken.

Die deutschen Bischöfe hatten Anfang Februar ein eigenes Bischofswort zu „Amoris laetitia“ veröffentlicht. Darin stellten sie klar, dass die Unauflöslichkeit der Ehe „zum unverzichtbaren Glaubensgut der Kirche“ gehöre; sie betonten aber zugleich die Forderung des Papstes nach einem differenzierenden Blick auf die jeweiligen Lebenssituationen. So forderten sie, die Entscheidung für den Sakramentenempfang zu respektieren.

 

Papst sieht „keine anderen Interpretationen“

 

Laut Kardinal Reinhard Marx nahm Franziskus das deutsche Bischofswort positiv auf. Der Papst halte es für richtig, wenn sich die Ortskirchen über sein Schreiben über Ehe und Familie äußern, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Anfang März.

Der Papst selbst stellte sich laut der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ hinter eine Orientierungshilfe argentinischer Bischöfe, die durch das Papstschreiben „Amoris laetitia“ die Möglichkeit des Kommunionempfangs für Katholiken in einer kirchenrechtlich problematischen Situation eröffnet sehen. Es gebe „keine anderen Interpretationen“, schrieb Franziskus in einem Brief an die Bischöfe, aus dem der „Osservatore“ im September zitierte.