Gottesdienst zum Tag der deutschen Einheit im Hamburger Michel

Kirchen rufen zu Einheit eines auseinanderdriftenden Deutschlands auf

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33 Jahre ist die deutsche Einheit alt, Spaltungen sind auch heute herausfordernd. Beim offiziellen Gottesdienst zum Staatsfeiertag rufen beide Kirchen zu Zuversicht auf - und mahnen Würde für alle an.

Zum Tag der Deutschen Einheit haben die Kirchen zu Zuversicht aufgerufen. "Lasst uns zusammenhalten, was derzeit in Politik und Gesellschaft so auseinanderdriftet. Das ist Aufgabe von uns allen - ob religiös oder nicht religiös", sagte die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs in einem Ökumenischen Gottesdienst zum Auftakt der zentralen Feierlichkeiten in der Hamburger Hauptkirche Sankt Michaelis. Der katholische Erzbischof Stefan Heße mahnte eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik an.

Hamburg hat in diesem Jahr den Vorsitz im Bundesrat inne und richtet deshalb den traditionellen Festakt zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober aus. Dazu wurden rund 1.300 Gäste in der Elbphilharmonie erwartet. Schon seit Montag fand rund um das Rathaus und die Binnenalster eine großes Bürgerfest statt. Das Motto der Feiern lautete "Horizonte öffnen".

"Riesiger Tanker mit Weltverantwortung"

"Wie ein riesiger Tanker mit Weltverantwortung - so kommt mir Deutschland oft vor. Mit unzähligen Rädern, die gedreht werden müssen", sagte Fehrs laut Redemanuskript. Das sei nicht leicht. "Über die Jahre der Pandemie sind so viele dünnhäutig geworden, ungeduldig, ja bei aller berechtigten Kritik unglaublich ungnädig und abwertend."

Zudem verstöre ein Krieg in Europa nachhaltig friedliebende Demokratien. "Das Klima ringt nach Luft, die Jungen protestieren, die Einheit trägt bisweilen Trauer." Nur gemeinsam "bringen wir den Tanker durch das Meer der Zeiten", so die Bischöfin. Notwendig sei ein Vertrauen in die guten Kräfte und Absichten der anderen.

Heße erinnert an Würde der Geflüchteten

Heße sagte: "Wir brauchen dringend eine Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems, einen besseren Flüchtlingsschutz und eine faire Verantwortungsteilung zwischen allen EU-Mitgliedsstaaten." Der Hamburger Erzbischof, der auch Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz ist, verwies auf die überfüllten Flüchtlingscamps in Italien, Griechenland und der Türkei.

Allein im September seien an machen Tagen rund 5.000 Menschen auf Lampedusa angekommen. Hinter diesen Zahlen stünden Menschen, "deren Würde genauso unantastbar ist wie die unsere und eines jeden Menschen". Die Geflüchteten sorgten sich um ihre Gesundheit, Ernährung, Bildung und Sicherheit; einige litten unter traumatischen Fluchterfahrungen.

"Hoffnung groß machen gegen die Angst"

Manche Menschen in Europa empfänden aktuelle Entwicklungen als bedrohlich, so der Erzbischof. Gegen solche Ängste gelte es, die Hoffnung groß zu machen und positiv nach vorn zu schauen.

Optimistisch stimmten ihn die vielen Menschen, die sich für andere einsetzten. In Hamburg sei es ein Drittel der Bevölkerung; deutschlandweit engagierten sich 29 Millionen Menschen - Tendenz steigend.

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