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Die Spitzen der Bischofskonferenzen aus aller Welt beraten in Rom über die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Chefredakteur Christof Haverkamp sagt im Kommentar, was herauskommen könnte.
Am Donnerstag beginnt eine Kinderschutz-Konferenz in Rom, ein Gipfel der Spitze der katholischen Kirche zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch. Einschätzungen von unserem Chefredakteur Christof Haverkamp.
Dieser Krisengipfel ist etwas ganz Neues: Diese Woche beraten die Spitzen der Bischofskonferenzen aus aller Welt in Rom über die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche. Die vom Papst formulierten Ziele sind auf jeden Fall richtig: mehr Aufmerksamkeit für die Opfer, mehr Prävention. Franziskus meint es ernst mit der Bestrafung der Täter, das ist an der demonstrativen Entlassung des früheren Washingtoner Erzbischofs Theodore McCarrick aus dem Klerikerstand erkennbar. Es handelt sich immerhin um die im Kirchenrecht vorgesehene Höchststrafe für Geistliche.
Zu viel darf man von dem Treffen in Rom nicht erwarten. Eine gemeinsame Umsetzung in allen Kontinenten ist schwer. Zu unterschiedlich ist die Situation in den einzelnen Ländern, zu verschieden die Vertuschung und die Aufarbeitung der Skandale. Sehr verschieden ist ebenso das Bewusstsein dafür, um was für ein großes Problem es sich handelt.
Erschütterung nicht nur in Deutschland
Während die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche Länder wie Irland, Deutschland, Australien und die USA erschüttert haben, ist davon zum Beispiel in Polen bisher relativ wenig zu hören. Aber es ist kaum vorstellbar, dass es dort keine Missbrauchsfälle gibt.
Unterschiedlich sind auch die Voraussetzungen für die Aufarbeitung. Eine so umfassende und deshalb teure Untersuchung wie die MHG-Studie in Deutschland hätten andere Bischofskonferenzen gar nicht in Auftrag geben können.
Ziel ist nicht, die Kirche zu retten
Unabhängig davon ist es sinnvoll, dass die katholische Kirche weltweit einheitlich vorgeht und Vorgaben des Kirchenrechts berücksichtigt. Viele deutsche Bistümer sind schon recht weit – sie haben ihre Hausaufgaben gemacht, haben Konzepte für den Umgang mit den Opfern und Tätern entwickelt oder betreiben Präventionsarbeit bereits seit längerem. Auch im Bistum Münster ist schon viel geschehen, wie auf der jüngsten Sitzung des Diözesanrates deutlich wurde.
Was Bischof Felix Genn dort formuliert hat, gilt auch für das Treffen im Vatikan: Es geht nicht in erster Linie darum, die Kirche zu retten, sondern mit den Opfern ein Stück des Leidensweges mitzugehen. Ihr Leid und ihre Erfahrungen müssen im Mittelpunkt stehen. Ihnen zuzuhören – darauf kommt es vorrangig an.