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Papst Franziskus hat auf dem Anti-Missbrauchsgipfel klare Worte gebraucht und einen 21-Punkte-Katalog vorgelegt. Das ist so wenig nicht, wie nun manche enttäuschte oder zornige Kritiker meinen.
Was bleibt vom Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan? Einschätzungen von unserem Chefredakteur Christof Haverkamp.
Papst Franziskus hat auf dem Anti-Missbrauchsgipfel klare Worte gebraucht und einen 21-Punkte-Katalog vorgelegt. Das ist so wenig nicht, wie nun manche enttäuschte oder zornige Kritiker meinen. Sie haben viel zu viel erwartet. Bei der Beurteilung des Treffens darf aber die relativ weite Entwicklung in Deutschland nicht als Maßstab gelten, vielmehr muss die Weltkirche insgesamt betrachtet werden. Und da ist eben nicht selbstverständlich, was hierzulande etwa in Sachen Prävention schon Praxis ist.
Was sich in den vier Tagen bei der Zusammenkunft mit Kirchenoberen aus rund 130 Ländern erreichen ließ, war zunächst einmal vor allem Bewusstseinsbildung, also die Erkenntnis, dass die katholische Kirche schwere Schuld auf sich geladen hat – nicht mehr. Doch allein wegen ihrer ungeheuren Größe und Vielfalt an Kulturen ist die Kirche eben doch ein schwerfälliger Tanker, kein wendiges Schnellboot.
Historisch einmalig
Aber was vom vergangenen Donnerstag bis Sonntag passiert ist, das ist historisch schon einmalig und in dieser Form bisher von keinem Großkonzern auf dieser Erde geleistet worden: Eine Institution, deren Führungskräfte selbstkritisch mit den Verfehlungen in den eigenen Reihen umgehen, die sich schmerzlich dem Versagen und der unbequemen Wahrheit stellen, die endlich auch demütiger werden.
Das ist eine ganze Menge, auch wenn zweifellos noch mehr drin gewesen wäre – an erster Stelle eine noch stärkere Beteiligung der Opfer und eine größere Mitwirkung von Frauen.
Die Forderungen von Papst Franziskus sind eindeutig und unmissverständlich. Entscheidend ist es, nicht beim Aufstellen von Regeln stehen zu bleiben. Es kommt jetzt darauf an, dass die einzelnen Bischofskonferenzen die Beschlüsse im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch entschlossen umsetzen.
Es müssen Taten folgen
Erschwerend wirkt sich hier aus, dass sich auch die Bischöfe alles andere als einig sind, etwa bei der Frage, wie sie Macht abgeben können. Hier hat der Papst zumindest versucht, eine gemeinsame Linie zu finden.
Wenn es allerdings nur bei seinen Worten bleibt und in den einzelnen Ländern keinerlei wirksame Taten und Reformen folgen, wird die Enttäuschung riesengroß werden. Und das nicht allein bei den Opfern, sondern auch bei Millionen katholischer Christen.