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Der Generalvikar des katholischen Bistums Limburg, Wolfgang Rösch (63), ist zurückgetreten, weil er bei der Aufklärung übergriffigen Verhaltens eines Priesters Fehler gemacht hat. Zum neuen Verwaltungschef wurde Domdekan Wolfgang Pax (64) ernannt.
Wie das Bistum am Dienstag mitteilte, hatte Rösch Bischof Georg Bätzing nicht über Vorwürfe gegen den Priester Christof May informiert. Dieser war 2018 zum Leiter des Priesterseminars befördert worden und hatte sich im Juni 2022 das Leben genommen. Bätzing hatte May am Tag davor von allen Ämtern freigestellt, um Vorwürfe übergriffigen Verhaltens prüfen und klären zu können.
Nach Mays Tod: Rösch gesteht Fehler ein
Bischof Bätzing, der auch Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ist, hatte nach Mays Tod einen externen Juristen mit einer Untersuchung beauftragt. „Die Ergebnisse des Juristen liegen jetzt vor und haben mir deutlich gemacht, dass ich Fehler gemacht habe“, schrieb Rösch in einem Brief an die Mitarbeitenden des Bistums: „Dafür ziehe ich persönlich Konsequenzen, indem ich um Entpflichtung vom Amt des Generalvikars gebeten habe.“
Wie Rösch weiter schrieb, war er 2015 fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Vorwürfe übergriffigen Verhaltens von May gegenüber Erwachsenen gegenstandslos seien: „Damals habe ich ein gemeinsames Gespräch mit einer betroffenen Person und dem Beschuldigten geführt. Das war ein Fehler. Dieses gemeinsame Gespräch konnte der betroffenen Person nicht gerecht werden.“ Rösch ergänzte: „Ich bitte alle, die durch mein Fehlverhalten getroffen und verletzt sind, um Verzeihung.“
Vorwürfe gegen May erhärteten sich
Bischof Bätzing hatte May am 8. Juni 2022 von allen Ämtern freigestellt, um Vorwürfe zu prüfen, die mehrere Personen gegen ihn geäußert hatten. Einen Tag danach wurde May tot aufgefunden. Im November teilte das Bistum mit, dass die Vorwürfe sich erhärtet hätten und disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen May zur Folge gehabt hätten: „Strafrechtlich wären die Vorwürfe nicht relevant gewesen.“
Bischof Bätzing dankte seinem langjährigen Verwaltungschef Rösch für dessen vielfältige Arbeit und erklärte: „Es ist wichtig, dass aus neuen Erkenntnissen auch Konsequenzen gezogen werden. Ich habe Respekt dafür, dass er Verantwortung für sein damals fehlerhaftes Handeln übernimmt.“ In fast zehn Jahren als Generalvikar habe sich Rösch nachhaltig für einen Kulturwandel in der Kirche starkgemacht.
Kommission würdigt Rösch-Rücktritt
Die Unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum bewertete den Rücktritt als positives Zeichen. Von kirchlichen Verantwortlichen getroffene Fehlentscheidungen im Umgang mit Übergriffen durch Geistliche oder andere kirchliche Mitarbeiter sollten nicht folgenlos bleiben.
Dass Rösch Konsequenzen ziehe, sei „ein in der Kirche nach wie vor eher ungewohnter Schritt und nötigt daher Respekt ab. Gerade aus der Perspektive der Betroffenen sexueller Übergriffe oder sexueller Gewalt ist es zu begrüßen, wenn Personen, die an verantwortlicher Stelle nicht angemessen agiert und dadurch Schaden verursacht haben, ihr Amt zur Verfügung stellen.“
Neuer Generalvikar stammt aus Bad Iburg
Der neue Generalvikar Pax stammt aus Bad Iburg im Landkreis Osnabrück. Von 1996 bis 2005 leitete er das Dezernat Jugend im Bischöflichen Ordinariat und war Diözesanjugendpfarrer. 2006 wurde er Dompfarrer in Limburg. 2007 promovierte ihn die Ludwig-Maximilians-Universität in München im Bereich der Wirtschafts- und Organisationspsychologie mit einer Arbeit über „Führung in der Kirche“.
Seit August 2010 leitet er das Kommissariat der Katholischen Bischöfe in Hessen, die oberste Verbindungsstelle zwischen Kirche und Politik. Pax war zudem vier Jahre bis 2022 Bischofsvikar für den synodalen Bereich und steht seit 5. März 2022 als Domdekan dem Limburger Domkapitel vor.
Update, 17.20 Uhr: Reaktion der Unabhängigen Aufarbeitungskommission ergänzt. (jdw)