Themenwoche „Der Schatz der Alten“ (2): Rat eines Lebenserfahrenen

Nach fünf Jahrzehnten Ehrenamt: Diese neun Tipps hat Johannes Geesen

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In fünf Jahrzehnten Ehrenamt hat Johannes Geesen wertvolle Erfahrungen gesammelt, in der Politik, als Schöffe, in Vereinen, vor allem aber in der Kirche. Was rät er anderen Engagierten? Neun Tipps.

Immer nach gerechten Lösungen suchen

Das sei immer wichtig gewesen, sagt Johannes Geesen. Zum Beispiel während der Verhandlungen in den Gemeindeteilen über die Zukunft nach der Fusion zur Pfarrei Barßel. Als Vertreter des Barßeler Kirchenausschusses habe er den Beteiligten dabei zwar auch mal Grenzen aufzeigen müssen. „Was möglich ist und was nicht.“ Aber dann ging es um die Suche nach Lösungen, die von vielen mitgetragen werden können. „Ich habe dabei versucht, für jeden Ort das Beste zu erreichen, das möglich ist.“ Zum Beispiel, als es um die Kindergärten und Pfarrheime vor Ort ging. „Die sind mittlerweile alle modernisiert.“

Krisen gemeinsam bewältigen

Was manchmal schwierig war. Etwa, als nach der Corona-Krise die Baukosten explodierten. Bei der Krippe St. Ansgar in Barßel zum Beispiel wurde es eng. Statt 900.000 sollte sie nun 1,3 Millionen Euro kosten. Wie reagiert man dann? „Wir haben mit dem Architekten gesprochen und das Problem frühzeitig mit der politischen Gemeinde und dem Offizialat verhandelt.“ Am Ende ging es auch. Sein Rat: „Wenn eine Krise da ist, muss man sie annehmen und versuchen, sie miteinander zu bewältigen.“

Mut zu Entscheidungen aufbringen

Themenwoche: Der Schatz der Alten
Möglichst lange leben wollen alle – alt sein eher weniger. Und doch sind alte Menschen ein Schatz – wegen ihrer Lebenserfahrung, wegen ihrer Treue in unseren Gemeinden, wegen ihres Glaubensvorbilds. In einer Themenwoche stellen wir vier Menschen vor und zeigen, wie sie das kirchliche Leben und jede und jeden Einzelnen bereichern. Für Folge 2 haben wir mit Johannes Geesen gesprochen.

Nicht immer reiche es, eine Sache nur halbherzig anzugehen. Als im oldenburgischen Kirchensteuerrat – auch da hat Johannes Geesen jahrelang mitberaten – die damals marode alte Kirche in Schillig auf der Tagesordnung stand, war sein Standpunkt klar: Wenn wir eine gute Zukunft für die Urlauberseelsorge schaffen wollen, dann bringt es nichts, die alte Kirche nur zu sanieren oder umzubauen, dann muss etwas Neues her, das den Anforderungen genügt. Johannes Geesen lächelt. So sei es dann auch gekommen.

Prioritäten setzen

Als stellvertretender Kirchenausschuss-Vorsitzender in Barßel hatte er es insbesondere mit Immobilien zu tun. Und manchmal musste man sich entscheiden. Wie beim neuen Dach für die Kirche im Ortsteil Elisabethfehn. Die sei es wert gewesen, erhalten zu werden. Das unbewohnte Pfarrhaus dagegen wurde abgerissen, auch wenn es Ideen für den Erhalt gab. „Aber es lohnte sich von der Bausubstanz her einfach nicht. Und man brauchte es auch nicht. Ein Parkplatz vor der Kirche war viel wichtiger.“

Mut und Vertrauen nicht verlieren

Stressfrei blieben solche Projekte natürlich nicht. Johannes Geesen lächelt. „Auch nicht für mich.“ Wenn er sich als Verantwortlicher bei einem Bauprojekt fragte, ob das alles gutgeht, ob der Zeitplan eingehalten werden kann. Solche Sachen. Er zuckt mit den Schultern. „Man stand davor und man musste da durch. Und es war nicht immer leicht, das auszuhalten, die Fragen und die Zweifel, ob alles wie geplant hinkommt.“ Er kennt die schlaflosen Nächte. Wenn die Sorgen sich aufbäumen, dann aber wieder abebben. Ein bisschen werde man durch solche Erfahrungen auch gelassener. „Aber ganz weg geht es nie.“

Am Ball bleiben

Einmal habe der Weihbischof in einer Sitzung gefragt, warum eigentlich so viele Pfarrheime im Oldenburger Land renovierungsbedürftig wären und dringend saniert werden mussten. Johannes Geesen muss immer noch über seine Antwort von damals lächeln. „Ich weiß, woran das liegt“, habe er dem Bischof gesagt. „Das liegt daran, dass der Pastor keine Frau hat. Wenn er die hätte, wäre das schon zehnmal saniert worden.“ Bei Immobilien sei es wichtig, immer am Ball zu bleiben und sie technisch auf Stand zu halten.

Auch mal Nein sagen

Wie man das alles aushält? Wo er Kraft getankt habe? „Das Wochenende gehörte zumeist mir und meiner Frau“, sagt Johannes Geesen. „Wenn ich auf dem Sofa lag und das Telefon an einem Freitagnachmittag klingelte, dann habe ich auch schon mal gesagt: Jetzt bleibst du einfach liegen.“ Die Wochenenden seien „ein bisschen heilig“ gewesen. Vielleicht mal samstags zur Sitzung des oldenburgischen Kirchensteuerrats nach Vechta. „Aber das kam ja nicht so oft vor.“

Rechtzeitig gehen

„Man muss dafür sorgen, dass das, für das man tätig ist, auch weiterleben kann. Und das geht am besten, indem man früh schaut, wer das mal übernehmen kann“, sagt Johannes Geesen. „Etwa, indem man zur Hälfte einer Amtsperiode aufhört, damit ein anderer sich einarbeiten kann.“ Er selbst hat das allerdings noch nicht überall geschafft. Bei der Kolpingsfamilie ist die Nachfolgefrage weiter offen. Aber beim Sauerland-Ferienlager, das er 30 Jahre lang geleitet hatte, ist es ihm gelungen. Bis zum Schluss war er mit Begeisterung dabei. Aber auch wenn die anderen sagten: „Johannes, du musst weitermachen!“, dann habe er geantwortet: „Leute, man muss auch Nachwuchs Platz machen.“

Nachfolgern Mut machen

Sein Glück beim Ferienlager: Da waren Leute, die das konnten. „Die sind jetzt seit 15 Jahren aktiv.“ Manches machen sie anders. „Früher wurde viel gesungen, mit Klampfe und so, heute gibt es Hip-Hop und Tanz. Aber das ist ja alles in Ordnung.“  Wie gut es weiter laufe, das spüre er jedes Mal bei der Abfahrt ins Lager. „Die gleiche Begeisterung wie vor 30 Jahren.“ Daran merkt er, dass es richtig war, was er seinen Nachfolgern gesagt hatte: „Ihr könnt das!“

Zur Person
Nach einer kaufmännischen Lehre und seiner Grundwehrzeit war Rentner Johannes Geesen (75) von 1976 bis zu seinem Ruhestand 2013 Verwaltungsangestellter bei der Gemeinde Barßel (Kreis Cloppenburg). Über Jahrzehnte hat er sich für die politische und kirchliche Gemeinde dort eingesetzt. Zum Beispiel leitete er 30 Jahre lang das Ferienlager der St.-Cosmas-und-Damian-Pfarrei, gehörte von Beginn an zum Pfarreirat und seit 1973 zum Kirchenausschuss, im Moment als stellvertretender Vorsitzender. Er war Kirchenprovisor, saß im Stiftungsrat des ehemaligen Krankenhauses und beriet im oldenburgischen Kirchensteuerrat in Vechta ebenso mit wie im Diözesanpastoralrat in Münster. Er war Jugendschöffe beim Amtsgericht Cloppenburg, Abgeordneter im Cloppenburger Kreistag, sitzt bis heute im Barßeler Rat und ist zurzeit stellvertretender Bürgermeister. Ebenso seit rund 30 Jahren ist er Vorsitzender der Barßeler Kolpingsfamilie.

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