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Wenige Monate vor der möglichen Erneuerung eines Abkommens mit Peking ist der Vatikan einem Bericht zufolge Ziel eines chinesischen Hackerangriffs geworden. Laut Recorded Future, einem US-Unternehmen für Cybersicherheit, gab es seit Mai eine Reihe unbefugter Zugriffe auf Netzwerke des Heiligen Stuhl und des katholischen Bistums Hongkong. Aus dem Vatikan war am Mittwoch keine Stellungnahme zu erhalten.
Hinter den verdächtigen Aktivitäten soll RedDelta stehen, eine vom chinesischen Staat finanzierte Hackergruppe. Zweck war laut dem am Dienstag veröffentlichen Bericht, Informationen über die vatikanische Verhandlungsposition mit Blick auf das China-Abkommen und über die Haltung zur Demokratiebewegung in Hongkong zu bekommen.
Spionagesoftware in Mails
Auch Rechner des diplomatischen Vertreters des Vatikan in Hongkong und des Päpstlichen Missionsinstituts in Rom seien attackiert worden, hieß es weiter. Der vatikanische Informationsdienst Asianews bestätigte die Darstellung am Mittwoch und ergänzte, ebenfalls Cyberangriffe registriert, diese aber abgewehrt zu haben.
Die Angriffe erfolgen laut Recorded Future nach der sogenannten Spear-Phishing-Methode. Dabei wurden einzelnen Personen und Büros gezielt E-Mails zugesandt, die zusammen mit unverdächtigen Dokumenten - teils Schreiben des vatikanischen Staatssekretariats - eine Spionagesoftware enthielten.
Der diplomatische Hintergrund
Der Vatikan bemüht sich seit längerem um eine diplomatische Annäherung an China. Im September 2018 schlossen der Heilige Stuhl und die Regierung in Peking ein vorläufiges Abkommen, das vor allem Bischofsernennungen betrifft. Bislang gab es in dieser Frage Spannungen über die „Patriotische Vereinigung“ regierungstreuer Katholiken und eine parallel bestehende Untergrundkirche, deren Mitglieder zu Rom hielten und dafür Repressalien und Verfolgung in Kauf nahmen.
Auch hochrangige Katholiken wie Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, früherer Bischof von Hongkong, kritisierten den Annäherungskurs als naiv und Verrat an den Untergrundchristen. - Der Vatikan selbst forderte Peking zwar unverblümt auf, sich seinerseits an das Abkommen zu halten, zeigte aber in anderen diplomatisch heiklen Fragen Zurückhaltung. Zu den unterdrückten Uiguren in China und der Freiheitsbewegung in Hongkong äußerte sich Papst Franziskus bislang nicht.