Sinkende Kirchensteuern, sinkende Mitgliederzahl

Oldenburgische Kirche benötigte 2022 Millionen-Betrag aus Rücklagen

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Was kommt finanziell auf die Kirche im niedersächsischen Teil des Bistums Münster zu? Der Finanzbericht 2022 zeigt insbesondere einen Risikofaktor auf: die demografische Entwicklung.

Mit einem Jahresfehlbetrag von 2,87 Millionen Euro hat das Bischöflich Münstersche Offizialat das Geschäftsjahr 2022 abgeschlossen. Wie Offizialats-Finanzdirektor Michael gr. Hackmann bei der Vorstellung des Offizialats-Finanzberichts 2022 vor Vertretern der Gemeinden, Städte und Landkreise der Region bei einem Treffen im Wallfahrtsort Bethen bei Cloppenburg darlegte, stieg die Haupteinnahmequelle, das Kirchensteuer-Aufkommen, im vergangenen Jahr nur leicht um 156.000 auf rund 90 Millionen Euro. Bei der vorläufigen Planung für 2023 gehen die Verantwortlichen von einem Rückgang um rund 3,8 Millionen Euro aus.

Zahlen, die dem Finanzdirektor Sorgen bereiten. Denn die Kirchensteuern machen rund 85 Prozent der Einnahmen der Kirche im Offizialat aus. Insbesondere von ihnen hängt es ab, was an Seelsorge, Bildungsarbeit und Caritas in diesem finanziell eigenständigen Teil des Bistums Münster – mit eigener Kirchensteuerhoheit und eigenem Kirchensteuerrat – künftig noch möglich sein wird.

Viele Kirchenmitglieder gehen in Rente

Michael gr. Hackmann hat deshalb stets die demografische Entwicklung im Blick. Und muss dabei feststellen, dass ein erheblicher Anteil der derzeitigen Kirchenmitglieder in den nächsten Jahren aus dem aktiven Erwerbsleben ausscheiden wird – und im Ruhestand voraussichtlich weniger Kirchensteuern zahlt. Dazu kommt der im Bundesvergleich langsamere, aber stetige Rückgang der Mitglieder von 269.000 im Jahr 2000 auf 244.000 im Jahr 2022. Die gestiegene Zahl der Austritte hat diese Entwicklung beschleunigt. 4488 Menschen haben 2022 die oldenburgische Kirche verlassen, 2021 waren es noch 2872 gewesen.

„Diese Entwicklung hat direkte Auswirkungen für uns“, warnte gr. Hackmann bei der Vorstellung des Finanzberichts. Bereits jetzt reichten die Einnahmen nicht aus, um alle Ausgaben zu decken. Der Fehlbetrag war zwar 2022 mit 2,8 Millionen Euro etwas kleiner als 2021 (3,1 Millionen). Doch für das laufende Jahr plant das Offizialat erneut mit einer Rücklagenentnahme von 3,7 Millionen Euro.

Großteil des Geldes bleibt in den Kirchengemeinden

Ausgegeben wird die Hälfte und damit der größte Teil des zur Verfügung stehenden Geldes auch nach dem für 2023 geplanten Haushalt in den und für die Kirchengemeinden vor Ort. Nach dem Volumen geordnet folgen die Anteile für sogenannte Zentrale Aufgaben, also etwa Versicherungen oder Buchhaltung für Gemeinden und Einrichtungen mit rund 17 Millionen sowie für den Bereich Schulen mit 15 Millionen Euro. Die Arbeit der Caritas soll mit rund 6 Millionen Euro unterstützt werden, die der Bildungshäuser mit rund 5 Millionen. Für Investitionen sind gut 5 Millionen Euro eingeplant, 2022 und 2021 waren es jeweils fast 7 Millionen.

Die Mitgliederzahl und die finanziellen Spielräume werden kleiner, und auch die Zahl der Seelsorger geht zurück. Auch diese Entwicklung erläuterte Markus Wonka den rund 30 kommunalen Vertreterinnen und Vertreter, die das Offizialat zu einem Austausch über die Kirchenentwicklung nach Bethen eingeladen hatte. „Ich stelle mir manchmal die Frage: Was geht uns eher aus – das Personal oder das Geld?“, sagte der Leiter der Abteilung Seelsorge im Offizialat.

Immer weniger Seelsorger und sinkender Kirchenbesuch

So würden von den derzeit 45 Diözesanpriestern in 39 Pfarreien nach jetzigem Stand 2030 lediglich noch 35 und 2040 noch 14 zur Verfügung stehen. Bei Pastoralreferenten (2023:77, 2030:52, 2040: 25) sehe die Lage nicht besser aus, ebenso bei Diakonen mit Zivilberuf (2023:22, 2030:14, 2040:8). Da dies langfristige Prognosen seien, müsse man aber vorsichtig damit umgehen. Der Kirchenbesuch sei zwar 2022 im Vorjahresvergleich leicht gestiegen, von 4,1 auf 5,6 Prozent, habe sich aber nach Corona nicht wieder erholt. Noch 2018 habe er bei rund 10 Prozent gelegen.

In dieser Situation und mit Blick auf die finanziellen Herausforderungen habe man sich entschlossen, neue Wege zu gehen, um die Kirche zukunftsfest zu machen. Zum Beispiel mit Kirchengemeindeverbänden auf der Ebene der „Pastoralen Räume“. Sie sollten Pfarreien organisatorische Arbeit abnehmen, etwa in der Verantwortung für die Kindertagesstätten. Damit Seelsorger den Kopf frei haben für ihre Kernaufgaben. Nach aktuellem Stand hätten fast alle Gemeinden dieses Angebot angenommen. Lediglich in einer einzigen Gemeinde stehe die Entscheidung noch aus.

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