Franziskus trifft auf Kaiser Naruhito und feiert Messe in Tokio

Papst beklagt Leistungsdruck in Japans Gesellschaft

Einen „Teufelskreis der Angst und des Leistungsdrucks“ in Japan hat Papst Franziskus bei einer Messe mit mehreren zehntausend Gläubigen in Tokio beklagt. Zuvor traf er Kaiser Naruhito und Opfer der Fukushima-Katastrophe.

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Papst Franziskus hat in Japan erneut für eine weltweite nukleare Abrüstung geworben. In einer Rede vor Politikern und Diplomaten am Montag in Tokio sprach sich das Kirchenoberhaupt für eine multilaterale Lösung der Atomfrage aus und unterstrich die Rolle Japans beim globalen Kampf gegen Armut. Kaiser Naruhito und Ministerpräsident Shinzo Abe empfingen Franziskus zu privaten Unterredungen. Am Nachmittag (Ortszeit) feierte er mit Zehntausenden eine Messe im Stadion „Tokyo Dome“.

Zuvor war der Papst am Montag mit Opfern der „dreifachen Katastrophe“ des Erdbebens, des Tsunami und des Atomunfalls von Fukushima im März 2011 zusammengetroffen. Dabei forderte er mehr Unterstützung. „Keiner baut sich von selbst wieder auf, keiner kann von allein wieder anfangen“, sagte er. Die Betroffenen seien auf dauerhafte Hilfe, Einsatz und Solidarität angewiesen. Auch das Gesellschaftsgefüge habe Schaden genommen. Als Grundübel nannte Franziskus eine „Kultur der Gleichgültigkeit“.

 

Der Papst beim Kaiser

 

Auch beim anschließenden Empfang durch Kaiser Naruhito im Palast ging es laut japanischen Medien um die Katastrophe von 2011. Der Kaiser habe dem Papst für seine Anteilnahme gegenüber den Opfern gedankt, hieß es. Das Gespräch, über das offiziell nichts mitgeteilt wurde, dauerte nach Vatikanangaben gut 20 Minuten.

Bei einer Begegnung mit rund 900 Jugendlichen in der Kathedrale von Tokio ermutigte der Papst Mobbing-Opfer zum Aufstehen gegen ihre Peiniger, verlangte aber zugleich einen gesellschaftlichen Schulterschluss gegen die „Seuche“ des Mobbings.

 

Papst: Gespräche einzige Waffen für Frieden

 

Gesellschaftliche Probleme sprach Franziskus auch bei der Messe im „Tokyo Dome“ an. Viele Menschen litten unter den übermäßigen Anforderungen. Er beklagte einen „Teufelskreis der Angst und des Leistungsdrucks“ in der japanischen Gesellschaft. Selbst das eigene Zuhause und die Schule verkämen zu Orten des Wettbewerbs. Christen müssten demgegenüber das Leben mit seiner Zerbrechlichkeit und Begrenztheit annehmen und „willkommen heißen, was nicht vollkommen ist“, auch Behinderte, Fremde, Kranke oder Strafgefangene.

Am frühen Abend (Ortszeit) traf der Papst mit Ministerpräsident Abe in dessen Regierungssitz Kantei zusammen. In einer Rede vor Politikern und Diplomaten warb er für eine „Kultur der Begegnung und des Dialogs“ gegen Konflikte. Gespräche seien „die einzige Waffe, die des Menschen würdig ist und einen dauerhaften Frieden gewährleisten kann“.

 

Gespräch mit Ministerpräsident Shinzo Abe

 

Der Papst verlangte einen „breiteren internationalen Konsens und Einsatz“ für eine multilaterale Lösung der Atomfrage. Weiter appellierte er an die Regierungen zu mehr ökologischem Engagement. Dabei verwies er auf junge Menschen, „die immer mehr über mutige Entscheidungen sprechen und sie verlangen“. Die Wirtschaftsmacht Japan rief er zum Eintreten für eine gerechtere Vermögensverteilung weltweit auf.

Abe versprach Bemühungen, „die Welt zu einem besseren Ort zu machen“. Japan, das als einziges Land die Schrecken nuklearer Zerstörung im Krieg erfahren habe, werde weiter eine Führungsrolle bei der Abschaffung aller Kernwaffen weltweit wahrnehmen. Der Papst hält sich bis Dienstag in Japan auf.

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