Interreligiöse Begegnung beginnt am Sonntag

Sant'Egidio-Friedenstreffen der Religionen in Berlin: Vorbild Mauerfall

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Mit ihren interreligiösen Friedenstreffen will die weltweite christliche Bewegung Sant'Egidio Mauern überwinden, die Menschen an einer Verständigung hindern. Am Sonntag beginnt das Treffen in Berlin.

Die politische Entwicklung im Norden Afrikas hat die Aktualität erwiesen: Zu ihrem dreitägigen internationalen Friedenstreffen ab Sonntag in Berlin hatte die christliche Gemeinschaft von Sant'Egidio auch Mohamed Bazoum eingeladen. Doch nach einem Militärputsch ist der demokratisch gewählte Präsident von Niger in Arrest und ein Beleg dafür, wie verletzlich die politische Ordnung in vielen Teilen der Welt ist.

Unter anderem darum geht es bei den jährlichen Friedenstreffen von Sant'Egidio, einer von Rom ausgehenden Bewegung mit weltweit 60.000 Mitgliedern. Das Motto des Treffens zeigt zugleich, was die Konferenz von vielen anderen unterscheidet: "Den Frieden wagen. Religionen und Kulturen im Dialog" weist darauf hin, dass nicht nur Politikerinnen und Politiker über Wege aus Konflikten beraten.

Hochrangige Gäste

Zum Treffen werden außer Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch der Präsident von Guinea-Bissau, Umaro Sissoco Embalo, erwartet, der anstelle von Nigers verhaftetem Präsidenten eingeladen wurde. Zudem kommen der Großimam der Al-Azhar-Universität, Ahmed Al-Tayyeb, und der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Pinchas Goldschmidt.

Auch der Ukraine-Beauftragte von Papst Franziskus, Kardinal Matteo Zuppi, und der assyrische Patriarch Mar Awa Royel sind angekündigt. Auf dem Programm stehen darüber hinaus der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, sowie weitere Spitzenvertreter von Religionsgemeinschaften aus 33 Kirchen aller Kontinente.

Treffen 2017 in Münster und Osnabrück

Ein Prominententreffen hinter verschlossenen Türen ist - wie schon in Münster und Osnabrück 2017 - nicht geplant. So bleiben die 21 katholischen Schulen Berlins geschlossen, damit ihre Schülerinnen und Schüler an den 20 Foren und der Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor teilnehmen können. Auch jeder andere Besucher ist zu den Podien an verschiedenen Orten im Stadtzentrum bei freiem Eintritt willkommen. Insgesamt erwartet Sant'Egidio bis zu 2.500 Gäste.

Mit ihren Friedenstreffen setzt die Gemeinschaft eine Initiative von Johannes Paul II. fort, der 1986 Religionsoberhäupter nach Assisi eingeladen hatte. Die deutsche Hauptstadt sei wegen ihrer Geschichte gewählt worden, erklärt Sant'Egidio-Präsident Marco Impagliazzo. Berlin sei die Stadt, "die bewiesen hat, dass Mauern nicht nur gebaut, sondern auch eingerissen werden können".

Lob für Muslime

Auch werde das Treffen an der Spree in besonderer Weise ökumenisch geprägt, kündigt Impagliazzo an. "Wir sind dankbar, dass wir Partnerin beim Weltfriedenstreffen sein können", sagt Bischof Christian Stäblein von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. "Es ist ein Ereignis für diese Stadt und dieses Land, das wir kaum überschätzen können." Auch Berlins katholischer Erzbischof Heiner Koch sieht im Friedenstreffen die Aufgabe, "die Rolle der Religionen auf dem Weg zu einer friedlicheren Welt neu und vertieft zu bedenken".

Der Sant'Egidio-Präsident warnt in diesem Zusammenhang vor einseitigen Schuldzuweisungen an Muslime. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA sei der Islam als Religion der Gewalt gebrandmarkt worden, kritisiert Impagliazzo: "Aber seitdem ist das Gegenteil passiert". Der Islam habe wesentliche Schritte auf dem Weg des Friedens unternommen. Dies sei unter anderem interreligiösen Begegnungen zu verdanken, etwa bei den Friedenstreffen von Sant'Egidio.

Wohl kein Ergebnis für Ukraine-Krieg

Mit Blick auf den größten Konflikt der Gegenwart, den russischen Angriff auf die Ukraine, stehen indes keine Fortschritte bei der Berliner Konferenz in Aussicht. Denn daran wird laut Impagliazzo wohl kein russisch-orthodoxer Bischof teilnehmen.

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