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Sich im Urlaub mal eine Auszeit vom Weltgeschehen zu nehmen, kann heilsam sein. Auf Dauer die Nachrichten zu ignorieren, ist jedoch keine Lösung, sagt Journalist Bernd Evers in seinem Gast-Kommentar.
Auszeit für einen Nachrichtenjunkie. Endlich Ferien! Es geht auf die Insel. Sonne, Sand und Wasser – was könnte es Schöneres geben? Keine Verpflichtungen, kein Zeitdruck – Gelegenheit, einfach die Seele baumeln zu lassen. Es ist Zeit für Fantasie, Zeit für Dinge oder Tätigkeiten, die allzu lange vernachlässigt wurden. Lesen, schwimmen, sich bewegen, Sandburgen bauen – oder einfach nur aufs Meer schauen.
Möglicherweise gelingt es auch, von schlechten Gewohnheiten Abstand zu nehmen. Den Fernseher in die Ecke zu stellen, das Handy für längere Zeit abzuschalten. Die Erde dreht sich für eine Weile auch von alleine weiter.
So wichtig sind Youtube und Tiktok
Eine ganze Reihe Deutscher hat einen anderen Weg gefunden, mit Nachrichten umzugehen. Sie verzichten dauerhaft auf jegliche Information. Jeder zehnte Deutsche versucht laut einer repräsentativen Studie, den Nachrichtenkonsum aktiv zu vermeiden. Nur noch jeder zweite Deutsche gibt an, äußerst oder zumindest sehr an Nachrichten interessiert zu ein.
Geradezu erschreckend muten die Antworten der jüngeren Menschen in der Umfrage an: Videolastige Angebote wie YouTube oder TikTok erreichen weltweit 44 Prozent der 18- bis 24-Jährigen. Für ein Fünftel dieser Altersgruppe dient TikTok als einziger Nachrichtenlieferant. In Deutschland nutzen 22 Prozent der jungen Leute Instagram als wichtigstes Informationsmedium.
Ignorieren darf kein Dauerzustand werden
Der Autor
Der gebürtige Emmericher Bernd Evers (54) arbeitet als Nachrichtenredakteur bei der Tageszeitung „Die Glocke“ in Oelde.
Es ist nachvollziehbar, sich eine Auszeit von Nachrichten zu nehmen. Information über den Krieg in der Ukraine sind oft schwer verdaulich. Bilder überfüllter Flüchtlingsboote erzeugen Gefühle der Ohnmacht und Hilfslosigkeit.
Wer aber dauerhaft die Augen vor dem Weltgeschehen verschließt, macht sich etwas vor. Das Ausblenden unangenehmer Wahrheiten kann kein Dauerzustand sein – das Ignorieren von Nachrichten ändert nichts an der Realität. Wer etwas verändern möchte, muss informiert bleiben.
Einzelner kann zur Lösung beitragen
Sinnvoll sind Nachrichten besonders dann, wenn sie Anstöße geben und Lösungen aufzeigen. Der Einzelne kann jeweils auf seine Weise aktiv werden. Jeder kann Geld für eine gute Sache spenden.
Wenn sich Gruppen zusammenfinden, zeigt sich: Ich bin nicht allein – Gemeinschaft macht stark. Das Miteinander gibt Möglichkeiten des Verstehens und tröstet. Gemeinsam lässt sich über Lösungsmöglichkeiten sprechen, um dann ins konkrete Handeln kommen. Auch das tut sehr gut.
In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.