Themenwoche „Migration in den Pfarreien“ (3)

Seit 20 Jahren: In Lohne werden Gottesdienste auf Italienisch gefeiert

Anzeige

Einmal im Monat laden Frauen aus der Lohner St.-Gertrud-Gemeinde zu Gottesdiensten in italienischer Sprache ein. Für die gebürtige Sizilianerin Michaela Depetro und die anderen Frauen im Vorbereitungsteam ist das ein Stück Glaubensheimat.

Es war ein Zufall. Eigentlich nur ein paar Worte, die Michaela Depetro bei einer Rede von Professor Friedrich Janssen hörte, 2003 im Rathaus. Sie kannte den Priester aus Vechta damals nicht. Nicht, was er sagte, ließ sie damals aufhorchen. Sondern, wie er es sagte: auf Italienisch.

„Damals hat es bei mir Klick gemacht“, erinnert sich die 70-Jährige aus der St.-Gertrud-Pfarrei im oldenburgischen Lohne. Sie weiß es noch wie heute. Weil sie plötzlich eine Möglichkeit sah, einen lang gehegten Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen: in Lohne einen Gottesdienst in der Sprache ihrer Heimat feiern zu können. Oder vielleicht ja sogar noch mehr?

Janssen zelebriert Gottesdienste auf Italienisch

Ihre Augen strahlen, als sie erzählt, wie sie allen Mut zusammennahm und Friedrich Janssen ein paar Tage später anrief. „Er hat sofort zugesagt!“, sagt sie. „Italienische Gottesdienste mit ihnen feiern? Gerne!“ Michaela Depetro lächelt. Friedrich Janssen hatte in Rom studiert und war dort 1961 zum Priester geweiht worden. Italienisch spricht er fließend.

Heute ist der emeritierte Hochschullehrer für sie einfach nur „Padre Frederico“. Denn: Das kurze Gespräch mit ihm markierte den Beginn einer Tradition, die heute fester Programmpunkt in der St.-Gertrud-Pfarrei ist: ein monatlicher italienischer Gottesdienst in der St.-Josef-Kirche.

Anfang der 1970er kam Michaela Depetro nach Deutschland

Wie wichtig Michaela Depetro der ist, wird deutlich, als sie von ihrer Ankunft Anfang der 1970er Jahre im kühlen Norddeutschland erzählt. Anders als damals in Sizilien suchten Betriebe in Lohne dringend nach fleißigen Händen. Also ging ihr Mann zuerst allein und holte Frau und Kind später nach.

Als junge Mutter fühlte sie sich zuerst ziemlich verloren. Ihr blieb wenig, als tagein, tagaus mit dem Kinderwagen durch die Stadt zu laufen und sich mit anderen Italienerinnen zu treffen, die es ebenfalls in die Stadt verschlagen hatte. Die Einheimischen hätten zwar freundlich gelächelt. Aber mehr Kontakt war anfangs nicht möglich.

In Sizilien in der Pfarrei aktiv

Eine schwierige Situation für eine Frau, die sich daheim immer in ihrer Pfarrei engagiert hatte, zum Beispiel in der Erstkommunion-Vorbereitung. In die Kirche ging sie auch in Lohne jede Woche. „Der Ablauf der Messen war ja der gleiche wie bei uns in Italien. Nur die Wörter waren anders.“

Franca Hilgefort nickt. Auch sie war mit Eltern und Geschwistern Anfang der 1970er Jahre in Lohne gelandet und hatte später einen Mann aus der Gegend geheiratet. „Ich bin auch immer zur Kirche gegangen. Was ich konnte, habe ich auf Deutsch geantwortet und alles andere auf Italienisch.“

Auf Italienisch ist Beten etwas Besonderes

Und auch für sie und ihre Schwester Tarcisia Kegler war es ein großer Tag, als Friedrich Janssen 2003 zum ersten Mal mit ihnen den Gottesdienst auf Italienisch feierte. Beide gehören zu dem Team um Michaela Depetro, das die Messen vorbereitet.

„Wenn ich auf Italienisch ich bete, dann bin ich wirklich ich“, sagt die 65-Jährige. Sie verstehe zwar mittlerweile auch das Deutsche. Und dennoch sei es etwas anderes. „Dann fühle ich mich wirklich wie ein Christ“, sagt sie.

Lohner Tradition seit 20 Jahren

Zu verdanken, das betonen Franke Hilgefort und Tarcisia Kegler ausdrücklich, hätten sie diese Möglichkeit vor allen Dingen Michaela Depetro. Die den Mut hatte, Friedrich Janssen anzurufen und die seit 20 Jahren die Gottesdienste koordiniert, die sie mittlerweile in der Lohner St.-Josef-Kirche feiern.

An manchem hat sich in den letzten 20 Jahren wenig geändert. Zum Beispiel, dass Michaela Depetro die Texte aussucht und eine kurze Meditation für den Schluss formuliert. Dass alle nach den Gottesdiensten noch eine Zeitlang bei Kaffee zusammensitzen. Oder, dass die italienisch sprechende Gemeinde Weihnachten besondere Gottesdienste feiert.

Gottesdienste sind internationaler geworden

„Aber eine Sache ist doch anders“, sagt Michaela Depetro. „Wir sind internationaler geworden.“ Heute kommen nicht mehr nur Italiener, sondern auch zugewanderte Menschen aus anderen Ländern. Friedrich Janssen predigt dann oft zweisprachig, indem er alles Satz für Satz übersetzt. Das ziehe auch gebürtige Lohner an, die die besondere Atmosphäre der italienischen Gottesdienste schätzen und über die sich Michaela Depetro und ihre Mitstreiterinnen besonders freuen.

Anzeige