Themenwoche „Migration in den Pfarreien“ (1)

Wie der Ort Olfen im Münsterland knapp 500 Flüchtlingen hilft

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Die Mitglieder des Arbeitskreises Asyl in Olfen im Kreis Coesfeld setzen sich seit Jahren für verbesserte Bedingungen geflüchteter Menschen im Ort ein. Das soll auch bei steigenden Flüchtlingszahlen so bleiben.

Wer mit dem Auto von der Bundesstraße 235 kommend den Kreisverkehr in Richtung Olfen fährt, dem fällt ein großes Schild am Straßenrand auf: „Macht mit! Hände, die verbinden – Begegnung schafft Vertrauen“ ist darauf zu lesen. Initiator der Botschaft ist die Flüchtlingshilfe Olfen – Arbeitskreis Asyl.

„Wir tun unser Bestes, damit Flüchtlinge hier gut aufgenommen werden und sich integrieren können“, sagt Heiner Dieckmann. Der 72-Jährige zählte vor zehn Jahren zu den Mitgründern des Arbeitskreises Asyl, der auf Initiative der katholischen Pfarrei St. Vitus und der evangelischen Gemeinde gegründet wurde.

Café International als Ort für Flüchtlinge

Dieckmann hat den Arbeitskreis viele Jahre mit Rita Watermann als Sprecher geleitet, bis er vor einigen Wochen die Leitung in jüngere Hände legte. Britta Böcker, Faezeh Ghanbary und Monika Linau bilden jetzt das Sprecherteam.

Der Arbeitskreis Asyl lädt jeden zweiten Freitag zwischen 17 und 19 Uhr zum Café International in das Haus Katharina an der Pfarrkirche St. Vitus ein. „Es kommen in erster Linie Familien, weniger die Alleinstehenden“, sagt Dieckmann über die Treffen. Sie sollen das gegenseitige Kennenlernen erleichtern. Das jährliche Familienfest, wo die Geflüchteten aller Nationen zusammenkommen, dient ebenso der Begegnung.

Knapp 500 Geflüchtete in Olfen

„Die Herausforderungen der Flüchtlingshilfe werden größer statt kleiner“, sagt Dieckmann und macht dies an Zahlen fest: 2013 zählte der 13.000 Einwohner zählende Ort 40 Flüchtlinge, 2015 waren es bereits 140, heute leben 483 geflüchtete Menschen in Olfen. „Mit diesen Zahlen haben wir nicht gerechnet. Den Krieg in der Ukraine konnten wir uns vor einigen Jahren nicht vorstellen. Aus Syrien, Afghanistan und anderen arabischen Ländern kommen bis heute viele Menschen zu uns“, sagt Dieckmann.

Im Ort ist kaum noch Wohnraum für Flüchtlinge zu finden. Deshalb baut die Kommune eine neue Flüchtlingsunterkunft auch für die Menschen, die kurzfristig im Josefshaus im benachbarten Seppenrade untergekommen sind. Dort hat der Kreis Coesfeld für 54 Flüchtlinge Platz geschaffen. Bis vor Kurzem lebten im Josefshaus noch Ordensschwestern.

Asylkreis sucht weitere Helfer

Heiner Dieckmann zeigt das Schild, das vor einigen Jahren bei einer Foto-Aktion mehr als tausend Olfener in ihren Händen hielten.  | Foto: Johannes Bernard
Heiner Dieckmann zeigt das Schild, das vor einigen Jahren bei einer Foto-Aktion mehr als tausend Olfener in ihren Händen hielten.  | Foto: Johannes Bernard

„Wir kommen an unsere Grenzen“, sagt Dieckmann. Der Engagierte, der mehrere Jahre den Pfarrgemeinderat leitete, setzt weiterhin auf Hilfsbereitschaft. Es brauche mehr Mitmachende in der Flüchtlingshilfe. Der Olfener zieht dabei einen Vergleich: Die Zahl der Aktiven im Arbeitskreis sei seit dessen Gründung mit 15 Frauen und Männern gleichgeblieben, die Zahl der Flüchtlinge aber von 40 auf 430 gestiegen.

Dieckmann hat vor einigen Jahren eine Familie aus Albanien intensiv begleitet und ihr beim Lernen der deutschen Sprache geholfen. „Das war eine gute Erfahrung.“ Auch die Zusammenführung einer Familie aus Eritrea, bei der er mitgewirkt habe, habe ihn motiviert, weiterhin in der Flüchtlingshilfe aktiv zu bleiben.

„Guter Draht“ zwischen Kirche und Kommune

In Olfen gebe es viele helfende Hände, sagt Dieckmann. 194 Flüchtlinge lebten mittlerweile in Privatwohnungen. Auch dies unterstütze die Integration. Die gute Zusammenarbeit von Caritas, der Diakonie, dem Sozialdienst katholischer Frauen, dem Sportverein, der Tafel Lüdinghausen, dem Deutschen Roten Kreuz und weiteren Vereinen ermögliche Unterstützung ohne große bürokratische Hürden.

Die Kontakte mit dem hauptamtlichen Integrationsbeauftragten von Olfen, Jan-Philipp Schlichtmann, seien reibungslos. „Er kennt die Haltung der Kirchengemeinden. Er ist Mitglied im Pfarreirat“, erwähnt Dieckmann den „guten Draht“ von Kirche und Kommune.

Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit

Er weiß, dass auch Menschen in Olfen die Aufnahme von Flüchtlingen ablehnen. „Das gibt es hier wie überall.“ Als 2015 im Ortsteil Vinnum kurzfristig eine Notunterkunft des Landes Nordrhein-Westfalen entstanden sei, habe es große Vorbehalte gegeben.

2016 hatten sich dann einige Arbeitskreismitglieder entschlossen, in einer groß angelegten Fotoaktion „Gib Olfen dein Gesicht“ die Olfener Bevölkerung zu einer öffentlichen Stellungnahme gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus aufzufordern. Diese Aktion hatte ein überwältigendes Echo. Annähernd 1000 Einwohner ließen sich mit einem dem Ortsschild nachgestalteten Schild mit der Aufschrift „Stadt Olfen für Menschlichkeit und Toleranz“ fotografieren und zeigten damit öffentlich ein eindeutiges Bekenntnis.

Dieckmann: „Wir brauchen Fahrräder“

Heiner Dieckmann verwahrt dieses Schild in seiner Garage. Er hofft, dass weiterhin ein friedliches Zusammenleben möglich ist, auch wenn die Flüchtlingszahlen weiter steigen werden. „Wir wünschen uns ein gutes Miteinander. Da müssen viele mithelfen.“

Für die Flüchtlingshilfe Olfen wünscht er sich mehr Fahrräder. „Wir leben im ländlichen Gebiet. Ohne Fahrräder kommt man hier nicht weit. Es wäre schön, wenn wir noch Fahrräder als Spenden bekommen könnten und Helfer für die Fahrrad-Werkstatt.“

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