„Göttliche Liturgie“ in Dülmen

Syrische Gemeinde wird Gast in katholischer Pfarrei im Münsterland

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Die syrisch-orthodoxen Christen aus dem Ruhrgebiet und dem Münsterland haben die Möglichkeit, wohnortnah in Dülmen sonntags Gottesdienst zu feiern. Möglich macht das die Gastfreundschaft der Pfarrei St. Viktor.

Eine ökumenische Gastfreundschaft besonderer Art bietet die Pfarrei St. Viktor in Dülmen: Ab sofort kann die Gemeinschaft syrischer Christen ihre Gottesdienste in der Kirche St. Joseph feiern. Der Gottesdienst im griechisch-byzantinischen Ritus, der auch als „Göttliche Liturgie“ bezeichnet wird, ist sonntags um 12.30 Uhr. Anschließend trifft sich die Gemeinde zu Begegnungen im Pfarrheim.

„Wir sind froh und dankbar, das katholische Gotteshaus nutzen zu können“, sagt Nezar Haddad aus Dülmen. Der 43-Jährige stammt aus dem syrischen Homs und lebt seit 2014 im Münsterland. Der überzeugte Christ der syrisch-orthodoxen Kirche möchte an seinem Wohnort eine Gemeinde gründen und hatte diesbezüglich mit dem in Köln ansässigen Bischof der syrisch-orthodoxen Kirche, Isaak Barakat, Kontakt aufgenommen. Der aus Damaskus stammende Barakat ist Metropolit von Deutschland und Mitteleuropa des Griechisch-Orthodoxen Patriarchats von Antiochien und hatte die Dülmener Pfarrei um Gastfreundschaft gebeten.

Wachsende Gemeinde syrisch-orthodoxer Christen

Die Nähe zur Autobahn A43 sprächen für diesen Ort, sagt Haddad. Gemeindemitglieder aus dem Ruhrgebiet und dem Münsterland könnten Dülmen gut erreichen. „Wir sind eine wachsende Gemeinde und möchten regelmäßig zur Liturgie zusammenkommen“, sagt der studierte Jurist, der heute für ein Busunternehmen in Münster tätig ist. Für viele seien die Gottesdienste der syrischen Gemeinde in Münster-Hiltrup von der Strecke her zu weit.

Mit mehr als 70 Gottesdienstbesuchern jede Woche rechnet Haddad. In Dülmen wohnen etwa 60 syrisch-orthodoxe Christen, in Coesfeld weitere 30 und in Appelhülsen etwa 25. „Der Gottesdienstbesuch ist bei uns prozentual sehr hoch. Wir leben unseren Glauben in den Familien und im Gottesdienst und suchen die Begegnung mit anderen“, sagt er.

Arabisches Essen und Kaffee nach dem Gottesdienst

Nach dem Gottesdienst gebe es daher Treffen im Pfarrheim mit arabischem Essen und Kaffee. Zu den Gottesdiensten in Dülmen seien Gäste immer willkommen, sagt Haddad.

Sogar einen eigenen Priester hat Haddad für Dülmen gewinnen können: Elisa Nassar, der zurzeit in einer Flüchtlingsunterkunft in Horstmar im Kreis Steinfurt lebt, wird der Liturgie vorstehen. „Für ihn suchen wir noch eine Wohnung rund um Dülmen. Wir hätten den Priester gern bei uns“, sagt Haddad.

Nutzung vorerst bis Sommer 2024

Um die Gottesdienste bildreich zu gestalten, hat er Ikonen-Motive auf großen Bannern drucken lassen, wie etwa die Ikone des Christus Pantokrator. Sie ist eine der ältesten und bedeutendsten byzantinischen Ikonen überhaupt.

Zunächst kann die syrische Gemeinde die St.-Joseph-Kirche bis Sommer 2024 nutzen. Die zeitliche Begrenzung soll einem möglichen Kulturhaus in St. Joseph nicht entgegenstehen, über das die Pfarrei bis 2025 entscheiden will.

Pläne für ein Kulturhaus in Dülmen

Nachdem im Rahmen der Aufgabe kirchlicher Gebäude in der Pfarrei auch über die Zukunft des Kirchengebäudes St. Joseph diskutiert wurde, hatten Kulturinteressierte im Herbst 2021 Kontakt zur Pfarrei aufgenommen und die zukünftige Nutzung des Gotteshauses als Kulturort mit der Ausrichtung auf das Thema Bühnenhaus als denkbare Möglichkeit vorgestellt.

Im vergangenen Jahr gab es daher in der Pfarrei Überlegungen, aus dem Kirchenstandort ein „Haus der Kultur“ zu machen. Ein inzwischen gegründeter Förderverein „Kulturort St. Joseph“ hat bereits Vorschläge für ein Konzert- und Bühnenhaus im Kirchengebäude erarbeitet und möchte die Stadt Dülmen als Mit-Investorin ins Boot holen.

Diskussion über weitere Kirchennutzung in Dülmen

In einem Antrag des Fördervereins an die Stadt heißt es: „Aus Sicht des Fördervereins ist es sinnvoll, dass sich die Stadt Dülmen sowohl in kultur- als auch in finanzpolitischer Sicht formal positioniert, damit der Verein eine Entscheidung darüber treffen kann, ob und in welcher Form er sich weiterhin für das Projekt engagiert.“

Bislang hatte sich die Stadt zurückhaltend über diese Art der Gebäudenutzung gezeigt. So heißt es beim Förderverein weiter: „Bürgermeister und Mitglieder des Kulturausschusses haben eine finanzielle Beteiligung der Stadt in den bisherigen Gesprächen bisher abgelehnt. Der Förderverein bittet aus guten Gründen gleichwohl darum, dass die Stadt hierzu dennoch in Beratungen eintritt.“

Vorfreude auf Gottesdienste zu Weihnachten und Ostern

Von diesem Vorhaben ist auch Nezar Haddad unterrichtet: „Wir sind nur ein Mieter auf Zeit, aber sehr erleichtert, in einer Kirche Gottesdienst feiern zu können.“ Das gelte besonders für das Weihnachtsfest, das die syrisch-orthodoxen Christen im Gegensatz zu anderen orthodoxen Kirchen auch am 25. Dezember feiern. Während die katholische und die evangelische Kirche das Osterfest 2024 am 31. März feiere, falle das Osterdatum der syrisch-orthodoxen Kirche nach dem Julianischen Datum auf den 22. April.

Grundsätzlich feiern die Ostkirchen Ostern nach dem julianischen Kalender, die Westkirchen nach dem gregorianischen. Seit Jahren gibt es allerdings Initiativen für ein gemeinsames Osterdatum aller Christen.

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