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Der koptisch-katholische Priester Josef Hanna aus Ägypten ist für mehrere Wochen zu Gast in Bocholt. Die freie Zeit nutzt er, um Kraft zu tanken für die Arbeit in der, wie er sagt, „drangsalierten Kirche“ seines Landes.
Die Tage in Bocholt tun ihm gut. Bereits zum vierten Mal verbringt Josef Hanna aus Ägypten seine Ferienwochen im westlichen Münsterland: im Pfarrhaus der Pfarrei in St. Georg.
„Zunächst möchte ich mich bei Pfarrer Matthias Hembrock für seine Gastfreundschaft bedanken und bei den Bocholtern für die freundliche Aufnahme“, sagt Josef Hanna. Mit dem Dank verbunden ist die Bitte, für ihn zu beten und für seinen Dienst „in der verfolgten Kirche in Ägypten, der Kirche der Märtyrer“.
Schikanen von Muslimen und Orthodoxen
Der 33-Jährige ist Priester der Koptisch-Katholischen Kirche. Sie zählt in Ägypten 250.000 Gläubige, ist mit Rom verbunden und ist nicht zu verwechseln mit der Koptisch-Orthodoxen Kirche, der im 100 Millionen Einwohner zählenden Staat rund zehn Millionen Gläubige angehören.
„Wir haben es nicht leicht. Es gibt Beleidigungen und Schikanen uns gegenüber, nicht nur von den Muslimen, auch von den orthodoxen Kopten. Wir sind eine Minderheit, auf die man gern herabschaut“, sagt Josef Hanna.
Was sind die Kopten?
Römisch-katholische Christen gibt es seit dem 17. Jahrhundert in Ägypten. Europäische Missionare aus dem Orden der Jesuiten und der Kapuziner lehrten in koptischen Dörfern. Es kam schließlich zur Gründung der Koptisch-Katholischen Kirche, die von der Koptisch-Orthodoxen Kirche mit Argwohn betrachtet wurde.
Die Kopten verstehen sich als die christlichen Nachfahren der alten Ägypter. Die Koptisch-Orthodoxe Kirche geht auf den Evangelisten Markus zurück.
Zahlung von Lösegeld nach Verhaftung
1829 erlaubten die osmanischen Behörden den katholischen Kopten erstmals, in Ägypten ihre eigenen Kirchen zu bauen. Als Josef Hanna vor einigen Jahren dabei war, eine alte katholische Kirche zu renovieren, wurde er verhaftet, weil er die staatlichen Behörden nicht um Erlaubnis gefragt hatte.
Zwei Tage saß er im Gefängnis. Mit der Verwarnung, solche Alleingänge zu unterlassen, kam er wieder frei - nach der Zahlung eines Lösegelds aus dem Bocholter Pfarrhaus St. Georg. „Unsere Lage ist halt kompliziert“, sagt der ägyptische Priester.
Muslime übermitteln Weihnachtsgrüße
Pfarrer Matthias Hembrock lädt den Ägypter Josef Hanna seit mehreren Jahren zu sich zu einem Ferienbesuch ein. Hembrock verbrachte selbst einmal seinen Urlaub im ägyptischen Bistum Assiut. | Foto: Johannes Bernard
Wenn beispielsweise seine Gemeinde den Weihnachtsgottesdienst feiere, kämen der islamische Bürgermeister und der ebenfalls islamische Polizeichef vorbei und übermittelten Grüße. „Die meisten Muslime sind nicht fanatisch. Wir leben als Nachbarn gut zusammen. Aber es gibt auch die Phase, da steht vor dem Bischofshaus zum Schutz ein Panzer.“
Kompliziert werde es, wenn es ums Heiraten geht. Nicht nur Muslime sähen Verbindungen mit Katholiken mit Vorurteilen, auch die Koptisch-Orthodoxe Kirche traue den Katholiken nicht. „Sie fordert dann beispielsweise eine erneute Firmung des katholischen Partners, weil sie die Form der katholischen Firmung nicht anerkennt.“
Kopten feiern Gottesdienst in Bocholt
Dass Josef Hanna ausgerechnet bei einem Aufenthalt in Bocholt das längste Gespräch mit einem Priester der Koptisch-Orthodoxen Kirche geführt hat, hat ihn angenehm berührt. In der katholischen Kirche St. Norbert in Bocholt kommen seit einiger Zeit die orthodoxen Kopten zu Gottesdiensten zusammen. 25 koptische Familien leben in der Stadt und näheren Umgebung.
Josef Hanna hat in Rom vier Jahre Theologie studiert, weil in Ägypten keine Katholisch-Theologische Fakultät existiert. Er hat dort auch ein wenig die deutsche Sprache gelernt und Kontakte geknüpft, etwa zur Fokolar-Gemeinschaft, einer geistlichen Gemeinschaft.
300 Familien zählt die Gemeinde
Inzwischen hat er in seiner am westlichen Nil-Ufer gelegenen Heimatdiözese Assiut eine neue Pfarrei bekommen und ist vom Bischof mit der Jugendpastoral der Diözese beauftragt. 300 Familien zählt seine Gemeinde. Neben den mehrstündigen Gottesdiensten ist es seine Aufgabe, einmal im Monat alle Familien zu besuchen. „Das tue ich gern. Die Familienbesuche dienen dem Zusammenhalt“, sagt Josef Hanna.
Die Koptisch-Katholische Kirche genieße trotz der Diskriminierungen in gewisser Weise doch ein gutes Ansehen, weil sie in ihrer sozialen Arbeit, etwa mit Menschen mit Behinderung und für vernachlässigte Familien, engagiert sei. „Alle Ägypter, unabhängig von der Religions- und Konfessionszugehörigkeit, profitieren davon. So wollen wir als Minderheit etwas tun für den sozialen Zusammenhalt in Ägypten, der nicht immer einfach ist.“
Bocholt-Besuch auch im nächsten Jahr
Der Seelsorger ist gern katholischer Priester geworden, auch wenn seine Eltern es zunächst nicht so gern gesehen hatten, als er zum Studium nach Rom ging. „Ich bin der einzige Sohn in der Familie. Somit der Stammhalter. Meine Eltern hätten es gern gesehen, wenn ich eine Familie gegründet hätte. Aber ich wollte ein Mann der Kirche sein“, sagt er schmunzelnd und fügt an: „Ich habe drei Schwestern und zusammen mit meinen Eltern auch ein schönes Familienleben.“
Auch im nächsten Jahr ist ein Besuch in Bocholt möglich. „Ich denke, Pfarrer Hembrock lädt mich wieder ein.“