Stadtdechant Jörg Hagemann zu Pastoralen Räumen im Bistum Münster

Veränderung ist auch Aufbruch

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Die Kirche verändert sich, und zwar massiv. Wo Aufbruch herrschen sollte, scheint Abbruch stattzufinden. Doch können die neuen pastoralen Räume, die im Bistum Münster entwickelt werden, auch Chancen bieten, sagt Münsters Stadtdechant Jörg Hagemann in seinem Gast-Kommentar.

Wo findet in einer Kirche, die im Aufbruch sein müsste, aber eher im Abbruch zu sein scheint, mein Glauben mit all seinen Facetten statt? Wo finde ich dort Platz? Ein Zitat von Bischof Franz-Josef Bode lässt diese Fragen größer denken: „Denn uns sind doch als Kirche nicht nur die wenigen Prozente der sogenannten ‚praktizierenden‘ Christen aufgegeben, sondern alle Menschen, denen wir begegnen und die etwas von uns erwarten.“

Im Bistum Münster werden pas­torale Räume entwickelt – auf den ersten Blick, um Ressourcen zu verteilen. Vor allem aber eröffnet der Prozess Möglichkeiten für eine Pastoral vor Ort und darüber hinaus.

Die Stadt Münster erlebe ich gesellschaftlich und kirchlich bunt und heterogen: Aufbrüche der politisch-christlichen Szene, neue geistliche Gemeinschaften, sehr unterschiedliche Gottesdienstformen durch Kunst, Musik oder unterschiedliche Prediger:innen, sowie lebendige Orte der Bildung und der Caritas – all das ist gut und richtig – ohne beliebig zu sein!

Was wäre, wenn...

Der Autor:
Jörg Hagemann ist Stadtdechant und leitender Pfarrer in St. Nikolaus in Münster.

Kann ein großer pastoraler Raum nicht vieles ermöglichen, ohne Dezentrales zu zerstören? Dafür müssen wir all die, die sowohl in großen oder in kleinen Pfarreien und Gemeinden keinen Ort, keine Antwort und keine Heimat finden, stärker und vielleicht erstmalig in den Blick nehmen.

Was wäre, wenn wir neue wie alte liturgische Formen wertfrei und stadtweit für Suchende ermöglichen; einen kinderliturgischen Ort ans Haus der Familie andocken? Wenn neben einer stadtweiten Hochzeitspastoral auch Räume zum Trauern und Feiern, Orte zur Versammlung entwickelt würden? Was bedeutet das in der „Fläche“, im „Kleinen“? Wenn wir neben der sinnvollen örtlichen Pastoral überörtlich Pastoral wagen, bedeutet das eine Ressourcen-Umverteilung. Es darf nicht „Klein und nahe“ gegen „Groß und anonym“ gestellt werden. Beides darf, aber nicht mehr alles kann sein!

Wir dürfen mutig sein

Verwüstungen in der Fläche wird es vermutlich geben. Wir werden uns verabschieden müssen von Liebgewordenem. Das schmerzt, kann aber in echtem christlichem Miteinander ausgehalten und gestaltet werden.

Um den Vielen, die uns Christ:innen begegnen und die zu Recht etwas von uns erwarten, Unterschiedliches zu ermöglichen, müssen wir, die wir wenige sind, abgeben und etwas wagen. Wir müssen und dürfen mutig sein – Veränderung bedeutet immer auch Aufbruch.

Die Positionen der Gast-Kommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche-und-Leben.de“ wider.

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