Gast-Kommentar von Daniel Gewand zu Reformprozessen in der Kirche

Die Kirche braucht eine Kernsanierung - Hände aus der Tasche!

Anzeige

Theologinnen und Theologen gelten gemeinhin als Geisteswissenschaftler, als geistliche Menschen. Daniel Gewand ist Pastoralreferent und zurzeit kräftig als Handwerker zugange. Dabei lernt er so einiges - auch für die Kirche, wie er in seinem Gast-Kommentar zeigt.

Seit drei Monaten bin ich im Sabbatjahr. Nach gut zehn Jahren als Seelsorger und Pastoralreferent im Bistum Münster nutze ich das Jahr ohne pastoralen Auftrag, um ein kleines Haus zu sanieren. Die körperlich anstrengende und für mich neue Form des Arbeitens verändert meinen Blick auf die Kirche: Ich glaube, kirchliche Mitarbeiter:innen – egal ob, hauptberuflich oder freiwillig engagiert, Laie oder Kleriker – müssen in Zukunft Altbausanierer:innen sein.

Unsere Kirche ist – um im Bild zu bleiben – kernsanierungsbedürftig. Der begonnene Reformprozess und die angekündigte „Pastoral der Räume“ im Bistum Münster sowie der Synodale Weg in Deutschland und die Weltsynode machen dies deutlich. Viele Themen müssen besprochen und entschieden werden. Und unsere Kirche muss sich aufgrund knapper werdender Ressourcen strukturell neu aufstellen. Viel Arbeit. Keine Frage. Manch einer zweifelt daran, ob sich das überhaupt noch lohnt.

Warum ich gerne anpacke

Der Autor
Daniel Gewand ist Pastoralreferent im Sabbatjahr, Sprecher bei Kirche in 1LIVE und Buchautor. Er hat ein Theologiestudium an der Ruhr-Universität Bochum, eine ifp Journalistenausbildung sowie eine Jahreshospitation beim WDR Hörfunk absolviert.

Ich kenne das von meinem Haus. Dort muss viel gemacht werden. Vor dem Kauf war ich mit einem Fachmann im Haus. Er hat mich auf den Sanierungsstau hingewiesen und darauf, dass bei einer Altbausanierung nie alles nach Plan läuft und es immer zu Überraschungen kommen kann. Der Fachmann meinte aber auch, dass die Substanz des Hauses gut ist. Da steckt Potenzial drin. Das sehe ich auch so und packe deswegen gerne an.

Und genau das sollte auch für kirchliche Mitarbeiter:innen gelten. Der Synodale Weg in Deutschland, die Weltsynode und der Reformprozess im Bistum sind wichtige Gesprächsforen, in denen einander zugehört, sich ausgetauscht und zukunftsweisende Entscheidungen getroffen werden. Diese Foren und die entstehenden Dokumente sind wichtig. Allerdings weiß ich von der Sanierung: Pläne sind geduldig. Sie müssen umgesetzt werden. Auf der Baustelle, wie in der Kirche.

Rechnet mit Ungeplantem

Deswegen müssen pastorale Mitarbeiter:innen vor allem Lust haben anzupacken, flexibel umzudenken und bereit sein, mit Ungeplantem umzugehen. Immer wieder werden neue Ideen und tragfähige Lösungen benötigt.

Dazu braucht es Fachwissen, Kreativität und Leidenschaft. Oder – um im Bild zu bleiben: An die Substanz der Kirche sollten Mitarbeiter:innen glauben. Die Botschaft Jesu ist für unsere Zeit wichtiger denn je. Es gibt viel zu tun oder als Baustellenimperativ: „Hände aus der Tasche!“

Die Positionen der Gast-Kommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von "Kirche-und-Leben.de" wider.

Anzeige