Erzbischof von Lyon bietet Papst Rücktritt an

Vertuschung: Kardinal Barbarin erhält Bewährungsstrafe

Der französische Kardinal Philippe Barbarin, Erzbischof von Lyon, ist zu sechs Monaten Bewährungsstrafe für die Nichtanzeige sexueller Übergriffe verurteilt worden.

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Der französische Kardinal Philippe Barbarin ist zu sechs Monaten Bewährungsstrafe für die Nichtanzeige sexueller Übergriffe verurteilt worden. Diese Entscheidung verkündeten die Richter am Donnerstag in Lyon. Der Erzbischof von Lyon musste sich seit Anfang Januar zusammen mit sechs anderen Geistlichen vor Gericht verantworten. Der Priester Bernard Preynat soll der Zeitung „La Croix“ zufolge in den 1970er Jahren im Erzbistum Lyon bis zu 70 Kinder missbraucht haben.

UPDATE: Barbarin bietet Rücktritt an
Kardinal Philippe Barbarin zieht Konsequenzen aus seiner Verurteilung. „Ich habe mich entschieden, zum Heiligen Vater zu gehen, um ihm meinen Rücktritt anzubieten“, sagte Barbarin. Franziskus werde ihn in einigen Tagen empfangen. Zuvor hatte der Erzbischof von Lyon sein Mitgefühl für die Opfer ausgedrückt. Die Französische Bischofskonferenz wollte Barbarins Schritt nicht kommentieren. „Es liegt am Papst, ihm zu geben, was er für richtig hält“, teilte sie mit. Das Rücktrittsangebot des Erzbischofs unterliege nur seinem „persönlichen Gewissen“.

Barbarin, seit 2002 Erzbischof des französischen Bistums, bestritt im Prozess, vom Missbrauch gewusst zu haben. „Ich sehe nicht, wofür ich schuldig sein soll“, sagte Barbarin. Die Anwälte des 68-Jährigen kündigten an, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Pflicht zur Meldung in Frankreich

Der Prozess in Lyon wurde vom Opferverein „La Parole Liberee“ initiiert. Zehn Mitglieder, ehemalige Pfadfinder und mutmaßliche Missbrauchsopfer des Priesters Preynat, traten als Nebenkläger auf. In Frankreich sind alle Bürger gesetzlich verpflichtet, Verdachtsfälle sexualisierter Gewalt an Minderjährigen der Justiz zu melden.

Barbarin gab an, erst 2014 von den Vorfällen erfahren zu haben, als das mutmaßliche Opfer Alexandre Hezez ihn kontaktierte. Doch die Informationen nach einem Treffen seien „vage“ gewesen, so Barbarin.

Staatsanwaltschaft sah keinen Straftatbestand

Bereits 2016 war gegen Barbarin wegen Nichtanzeige sexueller Übergriffe des gleichen Priesters ermittelt worden. Damals stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren nach einigen Monaten ein; es habe keine Hinweise auf eine Straftat des Kardinals gegeben. In Frankreich wurden schon 2001 und 2018 zwei Bischöfe für die Nichtanzeige von Übergriffen zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft hatte sich im Januar gegen eine Verurteilung des Kardinals ausgesprochen. „Ein Teil der Taten sind verjährt, und für die, die nicht verjährt sind, kann kein Straftatbestand festgestellt werden“, wurde eine Staatsanwältin zitiert.

Betroffene: Es geht nicht um Rache

Mehrere Betroffene hatten vor Gericht ausgesagt und betont, es gehe ihnen nicht um Rache, sondern darum, dass „diese Personen der Kirche mein Leid sehen“. Christian Burdet, der im Alter von elf Jahren missbraucht worden sein soll, sagte, die Angeklagten „hätten mein Leid abkürzen können, wenn sie die Taten aufgedeckt hätten“.

(14.30 Uhr: Angebot des Rücktritts ergänzt)

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