Einsatz für Erhalt der St.-Marien-Kirche

Vor Profanierung: Initiative will Kirchenabriss in Duisburg verhindern

  • Gemeindemitglieder in der Pfarrei St. Matthias in Duisburg kämpfen für den Erhalt der St.-Marien-Kirche im Gemeindebezirk Schwarzenberg.
  • Das Gotteshaus soll Ende März 2022 profaniert werden.
  • Abrissgegner bemängeln fehlende Basisdemokratie in der Kirche.

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Wenige Wochen vor der geplanten Profanierung der Kirche St. Marien in der Pfarrei St. Matthias in Duisburg hat sich eine Initiative mit dem Ziel gegründet, die Entweihung und Abrissverfügung dieses Gotteshauses im Gemeindebezirk Schwarzenberg auszusetzen. Gefordert wird die Aufnahme eines ergebnisoffenen Dialogprozesses mit einer unabhängigen Moderation zur Zukunft der Pfarrei St. Matthias.

„Wir wollen als engagierte Christen ein lebendiges Gemeindeleben. Auch in unserem Stadtteil“, sagt Norbert Bösken von der Initiative „St. Matthias lässt keinen fallen“. Der Name der Initiative stehe für die Solidarität unter den vier Gemeindebezirken der Pfarrei, St. Joseph Friemersheim, St. Klara Kaldenhausen, St. Marien Schwarzenberg und St. Marien Rumeln.

Willkürlicher Kahlschlag

Der 55-jährige Norbert Bösken, der über viele Jahre die Jugendarbeit der Gemeinde gestaltete, wünscht sich einen aktiven Aufbruch der Pfarrei durch einen interreligiösen und interkulturellen Austausch mit den Partnern in den Wohnquartieren. „Wir wissen um die angespannte Finanzlage. Wir befürchten aber, wegen der mangelnden Basisdemokratie Opfer willkürlicher Kahlschläge der Amtskirche zu werden“, so die deutlichen Worte des Initiators.

Enttäuscht vom Beschluss des Kirchenvorstands, verärgert über die Gutachten zum baulichen Zustand der Kirche und empört über das Verfahren der Bekanntgabe der beabsichtigten Profanierung und des Kirchenabrisses ist Heinrich Bösken, der Vater des Initiators: „Die Kirche ist doch kein Wirtschaftsunternehmen. Wir wissen, dass Kirchengemeinden ihre finanziellen Ressourcen zwar nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit einsetzen, aber bestimmt niemals wirtschaftlich sind.“

Geheimniskrämerei in der Kritik

Initiative in Duisburg
Setzen sich für den Erhalt der Marien-Kirche ein (von links): Norbert Bösken, Heinrich Bösken und Rolf Peter Fortmann. | Foto: Johannes Bernard

Der 88-jährige Heinrich Bösken, der viele Jahre Mitglied im Kirchenvorstand und im Pfarrgemeinderat war und darüber hinaus mehr als 60 Jahre den Kirchenchor der Gemeinde leitete, kennt die 1958 fertiggestellte Kirche, ein für damalige Verhältnisse modernes Stahlbetonwerk, sehr genau. Sein Vater gehörte dem Kirchenbauverein an und ging Jahr für Jahr von Haus zu Haus, um Geld für den Kirchenbau zu sammeln. Heinrich Bösken hatte selbst noch beim Bau Hand angelegt und geholfen, die Bodenfliesen zu legen.

Auf eine Änderung des Beschlusses von Kirchenvorstand und Bistumsleitung hofft auch Rolf Peter Fortmann: „Die Geheimniskrämerei beim Zustandekommen der Kirchenschließung ist schon beachtlich. Auch das Zahlenwerk hinsichtlich möglicher Sanierungskosten ist kritisch zu hinterfragen“, sagt der 79-jährige Fortmann, der früher stellvertretender Kirchenvorstandsvorsitzender der ehemals selbstständigen Gemeinde St. Marien war.

Kosten für Renovierung zu hoch

Begründet wird die Schließung der Kirche mit den enormen Kosten für Renovierung und Instandhaltung. Diese wurden der Gemeinde auf einer Versammlung im August 2021 mitgeteilt. Prüfberichte bescheinigen dem Gebäude eine stark geschädigte und fragile Baukonstruktion, teils mit starker Korrosion und Rissbildung an Nordost- und Südwestfassade. Die Südostfassade ist demnach nicht mehr sanierbar. In spätestens fünf Jahren ist zudem eine Erneuerung der Dachfläche unabdingbar, heißt es in den Gutachten.

Die Schätzungen für eine Sanierung der untersuchten Schäden belaufen sich auf mehr als eine Million Euro, so die Information aus der Pfarrei. In einem Beratungs- und Abwägungsprozess mit dem Kirchenvorstand und dem Pfarreirat sei man zu dem Schluss gekommen, dass die Erhaltung des maroden Gebäudes wirtschaftlich nicht darstellbar sei. „Daher soll die Kirche zunächst profaniert und dann abgetragen werden. Der Turm hingegen soll erhalten bleiben und saniert werden“, so die offizielle Stellungnahme.

Pfarrei plant neuen Andachtsraum

Die Pfarrei plant, im Pfarrheim einen Andachtsraum zu integrieren. Das Grundstück, auf dem Kirche und Pfarrhaus stehen, soll neu entwickelt werden.

Die Initiative „St. Matthias lässt keinen fallen“ befürchtet nun, dass das Grundstück an Investoren veräußert wird. „Es wäre für uns aktive Gemeindemitglieder nicht vermittelbar, wenn das Grundstück verkauft wird“, sagt Fortmann. Sein Mitstreiter Heinrich Bösken ergänzt: „Die Kirche gibt ein peinliches Bild ab.“

Rückläufige Katholiken-Zahlen

Einen Rückzug der Kirche aus dem Stadtteil befürchtet Norbert Bösken: „Auch wenn die Kirchensanierung viel Geld kostet, ist es doch kein Grund zur Atomisierung des geistigen Zentrums einer der vier Teilgemeinden ohne Konzept für die seelsorgerische Entwicklung der Gesamtgemeinde.“

Die Pfarrei St. Matthias zählt insgesamt 9.800 Mitglieder mit abnehmender Tendenz. Sie wurde 2015 durch die Zusammenlegung von vier Gemeinden gegründet. Im Stadtteil Schwarzenberg lebten in vergangenen Jahrzehnten einmal 6.000 Katholiken, heute sind es schätzungsweise 3.000. Der Kirchenbesuch in der Pfarrei liegt bei rund drei Prozent.

Stellungnahme der Zentralrendantur der katholischen Kirchengemeinden
in den Dekanaten Duisburg-West, Moers und Xanten
Profanierung von St. Marien kein „willkürlicher Kahlschlag“
Am 18. Februar berichtet „Kirche und Leben“ über eine Initiative, die die Profanierung und Abtragung der baufälligen St.-Marien-Kirche in Duisburg-Schwarzenberg verhindern möchte. Darin werden der Pfarrei und dem Bistum unter anderem „mangelnde Basisdemokratie“ und „willkürliche Kahlschläge“ vorgeworfen. Das ist nicht korrekt.

Zunächst: Der Beschluss der Profanierung stand am Ende eines ausführlichen Prüf- und Beratungsprozesses, der bereits 2016 mit einer Begutachtung des Bauzustandes begann. Der 2017 vorgelegte Prüfbericht empfahl weitere Untersuchungen, die in den folgenden Jahren durchgeführt wurden. Im Mai 2021 wurde durch den zuständigen Architekten der zusammenfassende Abschlussbericht der drei beauftragten Ingenieurbüros vorgelegt. Die Entscheidung ist also auf Grundlage belastbarer Gutachten von den demokratisch gewählten Gremien der Pfarrei, nämlich dem Kirchenvorstand und dem Pfarreirat, getroffen worden. Dies ist ein transparenter und dem Kirchenrecht entsprechender Vorgang mit ausdrücklicher Beteiligung der Gremien. Entsprechend wird der Vorwurf der „Geheimniskrämerei“ entschieden zurückgewiesen.

Zudem kann nicht von einem „willkürlichen Kahlschlag“ gesprochen werden. In der Gemeindeversammlung am 11. August 2021 wurden die starken Schäden am gesamten Kirchengebäude ausführlich dargestellt, außerdem wurden die Kosten erläutert, die alleine die Sicherung der jetzigen Schäden verursachen würde. Pfarreirat und Kirchenvorstand haben erkannt, dass die Erhaltung des maroden Hauptgebäudes wirtschaftlich nicht darstellbar ist, der Turm jedoch erhalten bleiben soll.

Die Entscheidung ist also weder willkürlich gefallen, noch soll ein „Kahlschlag“ stattfinden. Im Gegenteil wurde bereits im August 2021 klargestellt, dass für die Gemeinde in Schwarzenberg ein Ort erhalten bleiben soll, an dem der Gottesdienst gefeiert werden kann.

Pfarrer Andreas König äußert Verständnis dafür, dass die anstehende Profanierung mit Emotionen verbunden ist: „Die Profanierung einer Kirche fällt niemandem leicht, schon gar nicht jenen, die sie selbst mit aufgebaut haben. Die gegen die Gremien sowie die Leitung der Pfarrei erhobenen Vorwürfe seitens der Privatinitiative weise ich jedoch zurück und appelliere, bei allen Emotionen die auf Fakten basierende und nachvollziehbare Entscheidung zu akzeptieren. Mit der Profanierung der Kirche wird nicht der Gemeinde-Standort St. Marien Schwarzenberg aufgelöst, sondern das Pfarrheim mit integriertem Gottesdienstraum, sowie der Kindergarten stehen auch künftig für das gemeindliche Leben vor Ort zur Verfügung. Bei allem Schmerz der mit der Kirchenauflösung verbunden ist, lässt das positiv in die Zukunft blicken.“

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