Markus Gehling zum Einsatz für Leidende, Arme und Verfolgte

Was uns Sankt Martin lehrt: Jeder Mensch ist unendlich wertvoll

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An welchen Werten und Vorstellungen können sich Menschen in diesen aufwühlenden Zeiten orientieren? Eine mögliche Hilfe bietet St. Martin, der uns lehrt, wie wertvoll jeder Mensch ist, erklärt Pastoralreferent Markus Gehling in seinem Gast-Kommentar.

Der Monat November ist geprägt durch Gedenken und Erinnerung. In diesem Jahr irritieren mich einige Erlebnisse.

Ich engagiere mich in einem Kreis, der die Verlegung von Stolpersteinen für Opfer des NS-Regimes vorbereitet und deren Schicksal erforscht. Bei einem Treffen las ein Mitglied der Gruppe Nachrichten vor, die Nachbarn ihm wegen einer Israel-Flagge vor seinem Haus geschickt hatten. Der Tenor: „Du bringst uns alle in Gefahr“. „Und überhaupt, Solidarität mit dem Staat Israel, der Gaza bombardiert?“

Wen kann was triggern?

Mir liegt auch der christlich-muslimische Dialog am Herzen, hier bin ich mit vielen Menschen auf Social Media verbunden und werde mit einer komplett anderen Sichtweise konfrontiert. Es fällt sehr schwer, da Paroli zu bieten.

Als ich kürzlich im Zug nach Aschaffenburg saß, war ich einen Moment versucht, die Titelseite der „Jüdischen Allgemeine“ zu verbergen. Wer weiß, wen das triggern könnte? Deren Vertrieb soll demnächst neutral erfolgen, damit niemand erfährt, wo Juden wohnen.

Gedenken an Pogromnacht wachhalten

Der Autor
Markus Gehling ist Pastoralreferent in St. Peter und Paul Voerde mit eigenem Blog auf www.kreuzzeichen.blogspot.com.

Seit vielen Jahren gestalte ich zum Jahrestag der Pogromnacht von 1938 eine Gedenkfeier und treffe immer wieder auf Skepsis. Ist das nicht alles schon lange her? Warum noch immer erinnern? Es gebe so viel aktuelles Elend in der Welt.

Zum Pogromnacht-Gedenken waren 50 Leute gekommen – ein gutes Promille der Voerder Bürger. Mir kamen Tränen, als ich Aspekte des Lebens der in Spellen gebürtigen Familie Herz schilderte und an die Berichte aus Israel dachte.

Jedes Leben zählt

All dies ist bedrängend, verstörend, bedrückend. Woran können wir uns halten in diesen Zeiten? Wo sollen wir stehen? Vor einigen Jahren hatten die Kinder der Regenbogenschule ein Martinsspiel aufgeführt; von Schülern selbst geschrieben. Darin sagt einer der römischen Soldaten zu Martin: „Bettler, die gibt’s wie Sand am Meer – die sind nichts wert!“ Dieser Satz geht mir heute noch durch Mark und Bein. Menschen ohne Wert – was für ein schlimmer Gedanke!

Martins Reaktion ist bekannt. Sie zeigt uns zuverlässig, dass unser Platz an der Seite der Opfer sein muss. Wir müssen widerstehen, wenn ihr Leiden verschwiegen und ihr Leben für wertlos gehalten wird. Martins Handeln ist reines Evangelium. Ganz einfach, ganz klar! Es kann der rote Faden für unser Leben sein in einer zunehmend unübersichtlichen Welt. Wir dürfen unser Herz nicht verhärten. Jeder Mensch ist unendlich wertvoll. Jedes Leben zählt. Das des Juden, das des Bettlers, das des Flüchtlings, das des Menschen, der Missbrauch erlitten oder unter die Räuber gefallen ist.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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