UPDATE: Münsters Bischof Genn spricht Juden Solidarität zu

Bischof Bätzing beschämt: Kirche schwieg zu Pogromen am 9. November

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Vor 85 Jahren steuerte das NS-Regime Ausschreitungen gegen Juden. Bischof Georg Bätzing bekennt Scham über das damalige Schweigen der Kirche - und mahnt angesichts des Judenhasses in Deutschland heute.

Zum 85. Jahrestag der Novemberpogrome gegen Juden nennt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz die damalige Haltung der katholischen Kirche beschämend. „Die deutschen Bischöfe haben in der Nacht und in den Tagen danach geschwiegen“, sagt Bischof Georg Bätzing. Der Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg sei einer der Wenigen gewesen, „die ihre Stimme erhoben“.

Am Donnerstag wird in Deutschland an die vom nationalsozialistischen Regime gelenkten Ausschreitungen gedacht. Bei den Pogromen wurden nach Schätzungen vom 7. bis 13. November 1938 im damaligen Reichsgebiet zwischen 400 und 1.300 Menschen ermordet oder in den Suizid getrieben. Mehr als 1.400 Synagogen und Versammlungsräume, tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden zerstört. Rund 30.000 Juden wurden in Konzentrationslager verschleppt.

„Gerade wird wieder Judenhass propagiert“

In der Vergangenheit habe die christliche Verkündigung „einen maßgeblichen Anteil an der Entstehung und Tradierung antijüdischer Einstellungen, die in Krisenzeiten nur allzu oft in Gewalt umgeschlagen sind“, räumt Bätzing ein. Von diesem Antijudaismus habe sich die Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil und in den Jahrzehnten danach jedoch deutlich distanziert.

Dessen ungeachtet werde auch 85 Jahre danach jüdisches Leben immer wieder bedroht, beklagt der Bischofskonferenz-Vorsitzende. „In den vergangenen Wochen mussten wir erleben, wie auf deutschen Straßen über die Ermordung und Geiselnahme von Jüdinnen und Juden durch die Terrororganisation Hamas gejubelt und blanker Judenhass propagiert wurde“, so Bätzing. Im Internet und in Sozialen Medien fänden überwunden geglaubte antijüdische Verschwörungsmythen Verbreitung.

Aufruf zu Zivilcourage

Auch im Alltag hielten sich judenfeindliche Vorurteile, fügt der Limburger Bischof hinzu. „Wie verletzend und zermürbend muss es für Jüdinnen und Juden sein, immer wieder mit denselben Zerrbildern, denselben Vorurteilen und denselben Vorwürfen konfrontiert zu werden und noch immer Angst um ihr Wohlergehen haben zu müssen.“

Bätzing fordert eine größere Sensibilität „für alles, was Antisemitismus fördert“. Zugleich ruft er zu Zivilcourage auf: „Antisemitismus ist ein Angriff auf die universalen Werte unseres Zusammenlebens, ein Angriff auf die Würde des Menschen. Diese Werte im Alltag zu schützen, heißt, nicht wegzusehen, wenn Jüdinnen und Juden angegriffen werden, und nicht zu schweigen, wenn über sie gelästert wird.“

Bitte an Gemeinden, Verbände, Schulen

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz bittet Gemeinden, katholische Verbände und Bildungseinrichtungen, kirchliche Mitarbeitende und Religionslehrkräfte, sich gegen Antisemitismus zu engagieren und – wo immer möglich – das Gespräch mit jüdischen Gemeinden zu suchen. Die katholische Kirche werde sich mit allen Mitteln gegen Antisemitismus stemmen: „Nie wieder sollen Juden in Deutschland angefeindet und bedroht werden.“

NRW-Bischöfe: Kirche steht an der Seite der Juden
Auch die katholischen Bischöfe in Nordrhein-Westfalen unterstreichen angesichts von wachsendem Antisemitismus im Land ihre Solidarität mit den Angegriffenen: „Als katholische Kirche in Nordrhein-Westfalen stehen wir an der Seite der Jüdinnen und Juden“, betont Münsters Bischof Felix Genn nach Angaben seiner Pressestelle aus Anlass des 9. November. Zu dem Tag veröffentlichten die fünf katholischen Bischöfe ein gemeinsames Wort.

„Wir müssen alles dafür tun, dass jüdisches Leben sicher bleibt – in Deutschland, in Israel und überall“, so Genn. Zudem betont er, die Bischöfe würden den terroristischen Angriff der Hamas auf Israel „auf das Schärfste“ verurteilen. Israel habe das Recht, sich zu verteidigen, und die Pflicht, seine Bevölkerung zu schützen. | jjo.

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