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Vor der Eröffnung der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking ist die prekäre Menschenrechtslage in China immer wieder angeprangert worden. Auch in Sachen Religion und Religionsfreiheit möchte der Staat die Kontrolle behalten. Über die Lage der Christen dort äußert sich Weihbischof Stefan Zekorn als Beauftragter für die Weltkirche im Bistum Münster im Interview.
Wie ist es um die Lage der Christen in China bestellt?
Die Lage der Christen in China ist ausgesprochen schwierig. Schwierig ist es auch, diese mit wenigen Worten zu beschreiben. Einerseits gibt es ein sehr reges religiöses Leben in China, garantiert auch durch die Verfassung. Andererseits wird jegliches Glaubensleben durch eine Unmenge von „Vorschriften für die Verwaltung der Religionen“ stark eingeschränkt, überwacht und reguliert. Deren Durchführung fällt von Provinz zu Provinz verschieden intensiv aus, sodass manche Gegenden – zum Beispiel die Megastädte – viele Freiheiten genießen, während in anderen Gegenden das religiöse Leben brutal unterdrückt wird, ganz extrem bei den muslimischen Uiguren und im buddhistischen Tibet. Islam und Christentum werden als „ausländische“ Religionen angesehen und argwöhnisch beobachtet. Für die chinesische Führung ist es wichtig, die Beziehungen der etwa zehn Millionen Gläubige zählende katholische Kirche, gespalten in eine „offizielle Kirche“ und die sogenannte Untergrundkirche, zum Papst unter vollständige Kontrolle zu halten.
Können wir von einer Christenverfolgung durch den chinesischen Staat sprechen?
Weihbischof Stefan Zekorn erklärt, warum der Druck auf die Christen in China enorm ist. | Foto: pbm
China geht es um die totale Kontrolle aller Lebensbereiche seiner Bürger und um die Unterordnung aller unter die Führung der Kommunistischen Partei, um so den Sozialismus mit chinesischer Prägung verwirklichen zu können. Wenn die Religionen ihre Lehre und ihr Leben in den Dienst der Partei und des Sozialismus stellen und sich entsprechend in den dafür vorgesehenen Institutionen registrieren lassen, können sie in sehr engem Rahmen ihren Glauben leben. Wer sich nicht fügt, seinen Glauben im Untergrund oder in den Hauskirchen lebt, muss mit Bedrängung, Indoktrination, Hausarrest und andern Verfolgungsmaßnahmen rechnen.
Westliches Denken, eigenständiges Denken überhaupt, wird als große Gefahr gesehen. So dürfen Minderjährige keinen Kontakt mit Religion haben, christliche Waisenheime wurden aufgelöst, die Bibel muss zum Teil neu übersetzt und überarbeitet werden, die Religion muss möglichst aus der Öffentlichkeit verschwinden. Das bedeutet zum Beispiel: keine religiösen Aktivitäten oder Symbole in der Öffentlichkeit und Versammlungen nur in dafür registrierten Räumen. Neue Gesetze schränken religiöse Internetfreiheit fast vollständig ein. Die Amtsträger müssen per Eid zu Dienern der Partei, ihrer Ideologie und ihres Nationalismus werden. Zuwiderhandlungen können bestraft werden. Es ist eine Art Glauben im engen Käfig. Allerdings schaffen die Christen es immer wieder, ein bewundernswertes Zeugnis des Glaubenslebens und des missionarischen Geistes zu geben.
Was können Christen in Deutschland für Christen in China tun?
Als Einzelne können wir nichts anderes tun, als beten. Aber das ist nicht wenig, da wir ja auf die Kraft des Gebetes vertrauen.
Inwiefern befördern die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking die Menschenrechtsverletzungen in China zusätzlich?
Bei der Vergabe der Winterspiele 2013 wusste man genau, wie sich Olympia 2008 auf die Menschenrechtssituation ausgewirkt hat. Dennoch vergab man die Spiele an China. Die Menschen Chinas haben Beeindruckendes geschaffen, viele Opfer sind für Olympia gebracht worden. Sie sind zu Recht stolz auf das Geleistete. Gleichzeitig bestimmen Kontrollen, Überwachung und Verbote nicht nur das Leben der Athleten, sondern auch das der Bürger, besonders in Beijing und der Provinz Hebei. Es darf auch nicht die kleinste Kleinigkeit schieflaufen, erst recht nicht im Bereich der Sicherheit. Der Druck ist enorm. Vor all diesen Hintergründen ist es schwer, die richtige Balance zwischen Respekt vor den chinesischen Menschen und Kritik an der Menschenrechtssituation zu finden, nicht nur in der Beurteilung von Olympia, sondern eigentlich in allen Bereichen.