Schüller-Anwalt: Vorgehen zeigt, wie nervös man im Erzbistum Köln ist

Woelki stoppt Gerichtsverfahren gegen Kirchenrechtler Schüller

  • Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat gerichtliche Schritte gegen den Kirchenrechtler Thomas Schüller von der Universität Münster eingestellt.
  • Laut Mitteilung des Erzbistums distanzierte sich Schüller zuvor von einer Berichterstattung der "Bild"-Zeitung, gegen die Woelki vor dem Landgericht Köln einstweilige Unterlassungen beantragt hat.
  • Für Schüllers Anwalt zeigt das Vorgehen des Erzbistums, wie nervös man dort sei

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Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat gerichtliche Schritte gegen den Kirchenrechtler Thomas Schüller von der Universität Münster eingestellt. Laut Mitteilung des Erzbistums Köln distanzierte sich Schüller zuvor von einer Berichterstattung der "Bild"-Zeitung, gegen die Woelki vor dem Landgericht Köln einstweilige Unterlassungen beantragt hat. Der Rechtsstreit mit der Zeitung gehe weiter, so das Erzbistum.

Die "Bild" zitierte Schüller am 5. Juli in einem Artikel über Missbrauchsvorwürfe gegen den ehemaligen Präsidenten des Kindermissionswerks "Die Sternsinger", Winfried Pilz. Darin berichtete die Zeitung, das Erzbistum Köln habe Vorwürfe gegen den bundesweit bekannten Geistlichen erst sehr spät an das Bistum Dresden-Meißen gemeldet, wo Pilz seinen Ruhestand verbrachte.

Was "Bild" schrieb

Schüller sagte laut "Bild", er sehe in dieser späten Meldung eine Dienstpflichtverletzung Woelkis. Weiter schrieb die Zeitung: "Auch beim Motiv für Woelkis Dienstpflichtverletzung legt sich der Kirchenrechtler fest: 'Pilz stand wegen seiner Prominenz bei Woelki unter Denkmalschutz.'"

Der Kardinal wehrt sich laut Erzbistum gegen die Behauptung, er habe sich selbst mit der nicht erfolgten Meldung befasst und dazu eine eigene Entscheidung getroffen. Woelki habe nicht gewusst, dass die Informationsweitergabe versäumt worden sei. In dem Gerichtsverfahren versicherte er an Eides statt, erst ab der vierten Juni-Woche 2022 mit dem Fall Pilz befasst gewesen zu sein.

Darstellungen des Erzbistums und von Schüllers Anwalt

Laut Erzbistum erklärte Schüller nun per eidesstattlicher Versicherung, entgegen der "Bild"-Darstellung habe er sich überhaupt nicht zu einem angeblichen Motiv von Woelki geäußert. Der Kardinal habe daher den Unterlassungsantrag gegen den Theologen zurückgenommen. Gegen die "Bild"-Zeitung und deren Reporter gehe er weiter juristisch vor.

Schüllers Anwalt Oliver Stegmann betont hingegen in einer Stellungnahme, die "Kirche-und-Leben.de" vorliegt: "Der Satz von Professor Schüller ('Pilz stand wegen seiner Prominenz bei Woelki unter Denkmalschutz.') wurde von 'Bild' korrekt zitiert - und von Kardinal Woelki nicht isoliert angegriffen."

Kanzlei: Vorgehen zeigt Nervosität des Erzbistums

Für Schüller sei der besagte Satz eine Erklärung für "die eklatanten Versäumnisse des Erzbistums", so der Anwalt: "Viel entscheidender als die Frage, ob man das als 'Motiv' oder als 'Erklärung' umschreibt, ist etwas ganz anderes: Kardinal Woelki hat sich in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Köln auch nicht dagegen gewehrt, dass ihm von Professor Schüller 'eine klare Dienstpflichtverletzung' vorgeworfen wurde."

Mit der eidesstattlichen Versicherung reagiere der Kirchenrechtler auf "die abwegige Interpretation", Woelki habe sich persönlich mit dem Fall befasst und bewusst gegen eine Nachmeldung nach Dresden entschieden.

Schüllers Anwalt erklärt überdies, die Mitteilung des Erzbistums, dass Woelki seinen Antrag gegen den Münsteraner Kirchenrechtler zurückgenommen habe, sei von der Erzdiözese bereits verbreitet worden, bevor die Kanzlei vom Landgericht Köln darüber informiert worden sei. "Die Vorgehensweise des Erzbistums belegt, wie nervös man dort ist."

Wie "Bild" reagiert

Die "Bild"-Zeitung betonte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur, das Verfahren sei noch nicht entschieden. „Herr Professor Schüller hatte die in ‚Bild‘ veröffentlichten Zitate sowohl isoliert als auch im Kontext der Geschichte freigegeben“, sagte ein Sprecher. „Kardinal Woelki versucht weiter, mit juristischen Tricks von unbestrittenen Pflichtverletzungen im Fall des Sternsinger-Chefs Winfried Pilz abzulenken.“

Updates 15.20 und 15.40 Uhr: Reaktionen von Schüllers Anwalt und „Bild“ ergänzt. (jjo/mn)

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