Emeritierter Pfarrer hatte Vergebung für Missbrauchs-Täter gefordert

Zurkuhlen erneuert Entsetzen über Predigt-Protest in Münster

Der wegen seiner Predigt über Vergebung für Missbrauchs-Täter in die Kritik geratene Pfarrer Ulrich Zurkuhlen (79) aus Münster hat sich zu dem Vorfall geäußert. Am Abend soll es ein öffentliches Gespräch in der Gemeinde geben.

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Der wegen seiner Predigt über Vergebung für Missbrauchs-Täter in die Kritik geratene Pfarrer Ulrich Zurkuhlen (79) aus Münster hat sich am Montagmorgen auf seiner Homepage zu dem Vorfall geäußert. In dem Beitrag mit der Überschrift „So war es!“ wiederholt der emeritierte Pfarrer an drei Stellen sein Entsetzen darüber, „das erste Mal in meinem 54 Jahre langen Priesterleben“ von einer Gruppe Protestler niedergeschrien worden zu sein.

Er habe in seiner Predigt zum Thema Vergebung gesagt, „dass ich es auch an der Zeit fände, dass unsere kirchlichen Hierarchen doch auch den Missbrauchs-Tätern irgendwann vergeben würden.“ Das hatte „Kirche-und-Leben.de“ nach dem Gottesdienst so berichtet.

 

Zurkuhlen: Vergebung nicht erst nach Strafe

 

Zurkuhlen schreibt, er hätte gern begründet, warum Vergebung zu den Grundaufgaben von Christen gehört. Dazu hätte er gern zitiert, wie Jesus der Ehebrecherin und der barmherzige Vater dem „verlorenen Sohn“ vergeben – oder Gott dem Brudermörder Kain im Alten Testament, „wo Gott den Verbrecher begnadigt und ihm sogar Lebensschutz verspricht“. Drei Mal erwähnt Zurkuhlen in seinem Beitrag, das alles sei aber nicht möglich gewesen, „weil die Leute so herum schrien, dass ich mich nicht mal durch das Mikrofon verständlich machen konnte“.

Nach dem Gottesdienst vor einer Woche, in der er seine umstrittene Predigt hielt, habe ihm ein junger Jurist gesagt, Vergebung sei erst möglich, wenn die Strafe abgesessen sei. „Dieser Meinung bin ich nicht“, schreibt Zurkuhlen.

 

Gemeinde-Gespräch ohne Zurkuhlen

 

Zu der Bitte von Bischof Felix Genn, er möge bis auf weiteres nicht mehr predigen, äußert sich Zurkuhlen in seinem Beitrag nicht. Auch die Äußerung des Leitenden Pfarrers Stefan Rau lässt er unkommentiert. Rau hatte im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“ das Geschehen bedauert und betont: „Das Thema Vergebung ist keine Bringepflicht der Opfer. Dieser Eindruck ist wohl entstanden – und das dürfen wir nicht so stehen lassen.“

Aus diesem Grund hat die Gemeinde zu einem öffentlichen Gespräch an diesem Montag über die Predigt von Pfarrer Zurkuhlen eingeladen. Der emeritierte Geistliche wird allerdings nicht an dem Gespräch teilnehmen. „Wir hatten ihn selbstverständlich dazu eingeladen“, sagte Pfarrer Stefan Rau zu „Kirche-und-Leben.de“. „Dass er nicht daran teilnehmen will, kann ich allerdings auch gut verstehen und finde es richtig.“

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