Angelika und Franz Schmeink sind von Bocholt nach Bosnien-Herzegowina gepilgert

1.692 Kilometer mit dem Fahrrad nach Medjugorje

23 Tage sind Angelika und Franz Schmeink aus Bocholt nach Medjugorje in Bosnien-Herzegowina geradelt. „Voll Dankbarkeit sind wir angekommen“, sagen beide. Die Reise in den Wallfahrtsort war auch ein Weg in ihr Innerstes.

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Sie dürfen einen Bocholter nicht fragen, warum er eine Beziehung zu Maria hat“, sagt Franz Schmeink. „Der Bocholter läuft ja seit 1733 nach Kevelaer“, erklärt der 50-jährige Ingenieur. Auch er geht bei der Fußwallfahrt als Ordner mit und gibt durch die unterschiedlichen Zeichen mit dem Holzstab an, ob gesungen oder gebetet wird und wer gerade dran ist. „Die Liebe zu Maria wird einem Bocholter mitgegeben“, fügt er hinzu.

Auf ihn und seine Frau Angelika trifft das voll und ganz zu. Durch Maria zu Gott finden lautet ihr Lebensmotto. „Sie ist die Mutter, die den Menschen und auch uns unter dem Kreuz gegeben wurde“, sagt er. „Das findet in täglichen Gebeten wie dem abendlichen Rosenkranz seinen Ausdruck. Maria ist die Fürsprecherin in unseren Gebeten.“

 

Routine durchbrechen

 

Für Schmeink ist auch sein eher nüchterner Beruf kein Gegensatz zur Marienfrömmigkeit. Er arbeitet bei einer Siemenstochter als Produktentwickler. Der Glaube hilft ihm, die Routine des Einerlei auch im Berufsleben durch die Meditation eines Rosenkranzgesätzes zu durchbrechen.

Die enge Verbindung zur Gottesmutter hat beide schon öfter zu den großen Wallfahrtsorten geführt. Zum Beispiel nach Lourdes. Schon 2003 sind beide mit dem Rad in den französischen Pyrenäenort gepilgert. „Eine traumhafte Geschichte“, erinnern sie sich. Jahre später reifte der Plan, nach Medjugorje zu fahren. „Zunächst noch mit dem Bus“, sagt Schmeink. „Die Berge standen im Weg. Wir haben ja bei der Überfahrt über die Ardennen schon geschwitzt“, sagt er und lacht.

 

Gebet um Orientierung

 

Pilger feiern Gottesdienst in Medjugorje.
Im Sommer feiern abends mehr als 3.000 Pilger und 80 Priester den Gottesdienst in der Kirche in Medjugorje. | Foto: privat

2013 waren beide das erste Mal in Medjugorje. „Das intensive Gebet, die Anbetung, das Gebet um Erneuerung, Orientierung und Stärkung für den Alltag hat uns wieder dorthin gezogen“, sagt das Ehepaar. „Für uns ist Medjugorje ein Ort der Gnade.“ Und warum mit dem Rad? „Fahrradtouren bereiten uns seit jeher Freude, weil man dann die Natur, Gottes Schöpfung genießen kann.“

In den vergangenen Jahren diskutierte das Ehepaar also immer wieder über eine Fahrt in den Wallfahrtsort im Balkan. „Wir können doch mal wieder“, lautete sein ständiger Ausspruch. Die Kinder waren jetzt groß genug, und mit der entsprechenden Vorbereitung müsste die lange, strapaziöse Tour auch mit dem „Drahtesel“ zu schaffen sein. Und natürlich mit dem göttlichem Beistand.

 

Über die Alpen

 

Klar, die Tour war auch landschaftlich mehr reizvoll. Über Duisburg, Köln, Koblenz, am oberen Rheintal entlang, vorbei an Burgen und Schlössern, verlief die Strecke über Speyer, Augsburg und Villach – immer mit dem Ziel Bosnien und Herzegowina vor Augen.

Sie konnten ihren Weg aus zwei möglichen Routen wählen. Entlang der Flüsse oder die direkte Route über die Berge. „Entlang der Flüsse hätten wir zweieinhalb Tage länger benötigt. Die Strecke ist 250 Kilometer länger“, erklärt Schmeink. „Und die Flussroute hilft bei der Querung der Gebirge auch nicht.“ Die Landschaftseindrücke in den Alpen, die Gegend um den Großglockner gehört zu den schönsten Erinnerungen der beiden Radpilger.

 

Gedanken fokussieren

 

Aber der Pilgerweg hatte noch eine ganz andere Bewandtnis: „Wenn man drei Wochen auf dem Sattel durch die Landschaft fährt, dann weiß man genau, was man der Gottesmutter zu erzählen hat“, sagt Schmeink. Beide hatten Zeit genug, ihren „Gedanken nachzugehen und sie zu fokussieren“. Auf dem Rad könne man auch täglich zwei, drei Rosenkränze beten, meint er. Sie hatten ihren Freunden und Bekannten versprochen, ihre Anliegen im Gebet mitzunehmen. Und das haben sie auch getan.

Aber beide haben auch die Erfahrung gemacht, Beistand und Hilfe zu erfahren. Zum Beispiel hatte Angelika Schmeink zu Beginn der Tour noch gesundheitliche Schwierigkeiten. Doch alle Probleme, die am Horizont auftraten, lösten sich in Wohlgefallen auf, so ist jedenfalls die Überzeugung der Eheleute. „Da ist jemand mit uns gefahren“, sagen sie. „Er hat seine Hand über uns gehalten.“

Eine weitere Erfahrung ist die, dass man schnell Kontakt mit anderen Pilgern knüpft. Fast überall erfahren sie Rat und Hilfe. Mit einigen Pilgern verbindet sie seitdem eine enge Freundschaft. Oft sitzt man abends noch mit anderen Pilgern zusammen. Die Hilfsbereitschaft ist für beide eine lange nachwirkende Erfahrung.

 

Wie eine kleine Kur

 

Angelika und Franz Schmeink auf dem Erscheinungsberg.
Endlich am Ziel: Nach 1.692 Kilometern mit dem Fahrrad stehen Angelika und Franz Schmeink aus Bocholt auf dem Erscheinungsberg in Medjugorje. | Foto: privat

Neben den religiösen und spirituellen Erfahrungen kommen auch Freude und Genuss nicht zu kurz. „Vier Themen spielen bei Radfahren eine wichtige Rolle“, sagt Schmeink. „Wo geht es hin, wo übernachten wir, was essen und trinken wir. Die kleinen kroatischen Grillteller bleiben auf jeden Fall lange in Erinnerung“, sagt Schmeink. Und er fügt hinzu: „Die Sorgen, die einen sonst im Alltag umtreiben, sind auf einmal weg. Es ist wie eine kleine Kur“, beschreibt Schmeink seine Erfahrung. Noch immer fühlt er sich von der Pilgerfahrt beschenkt.

Der letzte Tag fordert noch einmal alle Kräfte. Atemberaubende Natur, 600 Höhenmeter, Sonne und eine große Baustelle. Nachdem die Umleitung passiert ist, erreichen die Schmeinks am 23. Tag gegen 15 Uhr Medjugorje. Nach 1.692 Kilometern auf dem Fahrrad und 140 Kilometern per Zug. „Voll Freude und Dankbarkeit“, erinnern sich beide.

 

Von Freunden zurückgefahren

 

Sie nehmen an den Gottesdiensten teil, und am letzten Abend besuchen sie noch einmal die deutsche Messe und besteigen den Erscheinungsberg. Aus Medjugorje werden beide von Freunden abgeholt und wieder nach Bocholt gebracht.

Auf der Rückreise erleben sie noch einmal, welche Strapazen sie auf sich genommen haben. „Wir waren für die vielseitige Hilfe von Freunden sehr dankbar. Aber auch für die Fürsprache der Gottesmutter. Gott war und ist für uns da und Maria hat uns als Mutter begleitet.“ Davon sind sie fest überzeugt.

Medjugorje
Medjugorje liegt im Südwesten von Bosnien und Herzegowina und bedeutet „zwischen den Bergen“. Aus dem Ort wurden 1981 erstmals Marienerscheinungen vor Kindern berichtet. Bis heute sollen sich die Visionen der sechs Seher auf mehr als 42.000 summieren. Jedes Jahr pilgern mehrere Millionen Menschen nach Medjugorje. Nach einer Entscheidung von Papst Franziskus dürfen offizielle katholische Pilgerfahrten organisiert werden. Der Vatikan möchte diese Entscheidung aber nicht als Anerkennung der angeblichen Wundererscheinungen werten. Die Wallfahrten dürften „keine Verwirrung oder Zweideutigkeit hinsichtlich der kirchlichen Lehre schaffen“, betonte der Vatikan. Über die Echtheit der Marienerscheinungen fällte der Vatikan kein abschließendes Urteil. Der Papst scheint nach eigenen Aussagen dahin zu tendieren, die frühesten Visionen als authentisch anzuerkennen. (jka/pd)

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