Bischof kritisierte Machthaber Daniel Ortega - und wollte nicht ins Exil

26 Jahre Haft für regimekritischen Bischof Rolando Alvarez in Nicaragua

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Mit einem drakonischen Urteil will das Regime in Nicaragua ein Exempel statuieren und kritische Stimmen im Land einschüchtern: Der Bischof von Matagalpa muss für mehr als 26 Jahre ins Gefängnis.

"Ich will keinen neuen Märtyrer-Bischof in Lateinamerika." Mit diesen Worten beorderte Papst Franziskus Managuas Weihbischof Silvio Baez vor einigen Jahren ins Exil. Nur widerwillig und "im Geiste des Gehorsams" verließ der prominente Kritiker des sandinistischen Regimes Ende April 2019 Nicaragua. Die Entscheidung habe sein "Herz weinen lassen", sagte Baez damals, der sich von anhaltenden Morddrohungen nicht einschüchtern lassen wollte.

Von Miami in den USA aus muss er nun zusehen, wie an einem Mitbruder ein Exempel statuiert wird: Rolando Alvarez, Bischof von Matagalpa, wurde im Schnellverfahren zu 26 Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt. Der Richter bezeichnete Alvarez als "Landesverräter", der sich des "Ungehorsams" schuldig gemacht, die nationale Sicherheit untergraben und "Fake News" verbreitet habe. Zusätzlich zur Haft wurden dem 56-Jährigen die Staatsbürgerschaft und seine zivilen Rechte entzogen. Er werde nun bis zum 13. April 2049 in Haft sitzen und müsse eine Geldstrafe zahlen, so das Gericht.

Freilassung war nahe

Damit hat der Konflikt zwischen Staat und Kirche in Nicaragua eine neue Eskalationsstufe erreicht. Baez warf den Sandinisten nach Bekanntgabe des Urteils via Twitter "irrationalen und ungezügelten Hass" vor.

Wie konnte es so weit kommen? Noch vor wenigen Tagen sah es aus, als sei für Alvarez - nach monatelangem Arrest - die Freiheit zum Greifen nahe. Der Heilige Stuhl, die USA und Spanien hatten versucht, für ihn und andere Dissidenten eine Freilassung zu erwirken.

Bischof wollte nicht ins Exil

Vorgestern wurde eine Chartermaschine bereitgestellt, die mehr als 200 politische Häftlinge aus Nicaragua in die USA ausflog. Mit an Bord: Oppositionspolitiker, Priester, Studentenführer - praktisch alle namhaften Gegner von Machthaber Daniel Ortega. US-Außenminister Antony Blinken sprach von einem konstruktiven Schritt, der die Chance zu einem neuen Dialog eröffne. Spaniens Außenminister Jose Manuel Albares kündigte an, den Abgeschobenen die spanische Staatsbürgerschaft anzubieten.

Doch Alvarez fehlte auf der Passagierliste. Aus seinem Umfeld heißt es, er habe sich zum Bleiben entschieden, um den Katholiken des mittelamerikanischen Landes beizustehen, die unter diktatorischer Repression zu leiden hätten.

Verurteilung nach Weigerung

Der Staatschef ließ den Bischof vom Flughafen zurück in Polizeigewahrsam bringen. In einer öffentlichen Rede beschimpfte Ortega den Geistlichen, weil dieser sich der angeordneten Ausweisung widersetzte. Wenige Stunden später folgte der drakonische Richterspruch.

Alvarez war bereits im August unter Hausarrest gestellt worden. Sein Schicksal sorgt seither international für Aufsehen. Ein Bild, auf dem zu sehen ist, wie er Gott auf Knien um Barmherzigkeit für bewaffnete Polizisten bittet, ging um die Welt. Mit ihm wurden damals zahlreiche weitere Priester festgenommen. Sie hatten - ebenso wie er - wiederholt die herrschenden Zustände in Nicaragua angeprangert.

Keine unabhängige Justiz

Derlei Äußerungen sind in dem bitterarmen Land gefährlich. Immer wieder erleiden Regimekritiker "tragische Verkehrsunfälle", mysteriöse Herzattacken oder verschwinden und tauchen nie wieder auf. Ernsthafte Untersuchungen solcher Fälle gibt es ebenso wenig wie eine unabhängige Justiz. Der aus Argentinien stammende Papst weiß das, weshalb er die Drohungen gegen Weihbischof Baez ernst nahm und ihn abzog.

Mit öffentlicher Kritik am Ortega-Regime hält sich Franziskus auffällig zurück - wohl, um verbliebene diplomatische Kanäle offen zu halten. Einige Stimmen warfen ihm zuletzt vor, sich nicht eindeutig hinter Alvarez zu stellen.

Papst solidarisch mit Alvarez

Beim Mittagsgebet am Sonntag erklärte sich der Papst nun vor aller Welt solidarisch mit dem Verurteilten: "Die Nachrichten aus Nicaragua haben mich tief betroffen gemacht." Er bete für den Bischof, den er sehr schätze, und für alle anderen Leidtragenden.

Exil-Bischof Baez nahm die Worte wohlwollend auf. Der 64-Jährige nutzt seine beachtliche Reichweite über die sozialen Medien, um gegen die Sandinisten zu schießen: "Sie haben nicht Rolando verurteilt, sie haben sich selbst verurteilt." Trotzig fügt er hinzu: "Er wird frei sein, Gott wird ihn nicht verlassen."

Update 12. Feb.: Reaktionen in den beiden letzten Absätzen, u.a. vom Papst

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