Zum 100. Geburtstag des Komponisten

284 Gesänge für Taizé: Für Jacques Berthier war Einfachheit maßgeblich

  • Viele Christen verbinden mit Taizé und der dortigen Gemeinschaft vor allem die berühmten Gesänge der 1970er Jahre.
  • Viele von ihnen stammen von dem Komponisten und Kirchenmusiker Jacques Berthier (1923-1994).
  • Vor 100 Jahren, am 27. Juni 1923, wurde er geboren.

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Die Kirchenmusik wurde ihm buchstäblich in die Wiege gelegt. Vater und Mutter waren in Auxerre selbst Organisten und Chorleiter. Das Kinderbett von Jacques Berthier (1923-1994) stand an der Wand neben dem Musikzimmer des Vaters. Hoch oben auf der Orgelempore und zwischen Kirchenchören wuchs der Junge auf, und er heiratete auch wieder in eine Kirchenmusiker-Familie.

Bei seinem Schwiegervater studierte er nach dem Krieg und wurde 1953 (unbezahlter) Organist an der Bischofskirche von Auxerre. Und obwohl er Mitte der 1950er Jahre das Kurzwarengeschäft seines Onkels übernehmen musste, wollte Berthier doch immer seiner eigentlichen Profession nachgehen.

Erster Kontakt mit Taizé

Eine Chance kam, als ihn 1955 der Jesuit und Psalmenexperte Joseph Gelineau (1920-2008) um Antiphonen bat – Berthiers erste Auftragskomposition und Veröffentlichung.

Gelineau stand auch in Kontakt zur noch jungen Gemeinschaft von Taizé, die schon damals mit dem Wunsch einfacher Kompositionen auf Berthier zuging. Doch der war einfach zu katholisch, so berichtete er später selbst amüsiert. Es wäre ihm damals schlicht noch nicht in den Sinn gekommen, für eine protestantische, wenn auch höchst ökumenisch gesinnte Gemeinschaft, zu arbeiten. So fragte er bei seinem Erzbischof um Erlaubnis an, der ihm antwortete: „Zögern Sie nicht, das ist sehr gut.“

Geburtsstunde der „Gesänge von Taizé“

Die eigentliche Geburtsstunde der „Gesänge von Taizé“ war das sogenannte Konzil der Jugend im Sommer 1974. Die Gemeinschaft stellte fest, dass der gemeinsame Gesang von Tausenden Jugendlichen aus vielen Ländern nicht gut funktionierte.

Jede Nation brachte zwar ihre Gesangstradition und ihre geistlichen Lieblingsstücke mit  – doch die Jugendlichen aus anderen Ländern mussten wegen fehlender Kenntnisse von Sprache oder Melodie meist stumm danebensitzen. Auch Übersetzungen klappten nicht gut. Es brauchte also gemeinsame Lieder für eine betende, internationale Jugend der 1970er Jahre. Eile beim Komponieren war geboten. 

Ostinato als Stilmittel

Wichtigster Partner Berthiers dabei wurde der Taizé-Bruder und Arzt Frere Robert Giscard (1923-1993), eins der ersten sieben Mitglieder der Kommunität und Cousin des früheren französischen Staatspräsidenten Valery Giscard d‘Estaing.

„Einige Kanons wurden sogar telefonisch diktiert“, erinnerte sich Berthier später. Sein wichtigstes Stilmittel für die Taizé-Gesänge: das Ostinato, eine sich stetig wiederholende Melodie oder ein Rhythmus, zunächst immer mit lateinischem Text. Dazu wurden in der Oberstimme Soli in einer oder mehreren lebendigen Sprachen gestellt.

284 Gesänge für Taizé

Berthier komponierte für Taizé 284 Gesänge, darunter so bekannte wie „Laudate omnes gentes“, „Ubi caritas“, „Nada te turbe“ oder „Bleibet hier und wachet mit mir“. Für andere Gemeinschaften schuf er Hymnen, Psalmen, Antiphonen und Responsorien, so für die Zisterzienser von Citeaux oder für den Papstbesuch 1986 – insgesamt rund 1200 Titel.

Immer blieb er der Komponist des Einfachen: „Ich bin sehr auf die Liturgie ausgerichtet“, sagte er am Ende seines Lebens: „Ich weiß nicht, wozu das nützen sollte, Konzertstücke für meine Organistenkollegen zu schreiben, die davon schon eine Menge haben.“

Berthier starb am 27. Juni 1994, in der Nacht zu seinem 71. Geburtstag, in Paris.

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