Advent mit allen Sinnen genießen

Advent duftet nach Zimt und Nelken, Glühwein und Eierpunsch

Sternanis, Zimtstangen, Orangen: der typische Adventsgeruch, sollte man meinen. Doch die Bibel verbreitet andere Aromen.

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Was macht den Advent so besonders? Wie kaum eine andere Zeit spricht er alle Sinne an. Nicht nur mit Wohlgeruch.

Wie duftet der Advent für Sie? Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir da auf derselben Nasenlänge sind. Der Advent duftet nach Zimt und Nelken, Orangen und Äpfeln, Tannen und Kerzen, Vanillekipferln und Lebkuchen, nach Kaffee und Tee, Glühwein und Eierpunsch.

Ich liebe diese Düfte – und ich muss bekennen, ich kriege manche uralte Düfte auch einfach nicht aus der Nase: das Parfum meiner ersten Liebe, den Geruch meines Elternhauses, sogar den der Abteikirche Königsmünster in Meschede, in der ich sechs Jahre als Mönch zu Hause war. Und natürlich das Räuchermännchen aus der Kinderzeit. Wenn mir dieser Fichtennadelduft um die Nase weht oder ich wieder in meiner alten Klosterkirche stehe – dann ist alles von früher wieder da.

 

Die Sache stinkt gewaltig

 

Was wissenschaftlich sogar bewiesen ist! Gerüche sind – mehr als Bilder – die stärksten Erinnerungsträger. Kein Wunder also, dass gerade die Düfte der Kinderzeit so beliebt sind und – jedenfalls bei den meisten – Plätzchen im Backofen so ein wunderschönes Gefühl von Geborgenheit vermitteln.

Nun ist allerdings der Advent nicht nur eine Zeit olfaktorischen Hochgenusses. Biblisch gesehen ist eher das Gegenteil der Fall. Wenn Sie beim Lesen oder Hören der typischen Advents-Texte mal die Nasenflügel ganz weit aufmachen, stinkt die Sache nämlich ganz gewaltig: Johannes der Täufer zum Beispiel, der auf den Messias hinweist. Aber Johannes lebt in der Wüste und wird den hygienischen Zuständen entsprechend gerochen haben. Und er trägt ein Gewand aus Kamelhaar. Das dürfte bestenfalls eine recht herbe Note ausgeströmt haben.

 

Jesus interessieren die, die das Flair des Anrüchigen umweht

 

Dann ist von vielen Kranken die Rede, etwa von Aussätzigen mit eiternden Wunden. Alles andere als Rosenduft. Aber genau denen wendet sich dieser angekündigte Messias zu. „Er riecht aber schon!“, warnen die Menschen Jesus ausdrücklich, als er den schon verwesenden Lazarus ins Leben zurückholen will.

Wo andere die Nase rümpfen, steckt er seine Nase hinein. Ihn interessieren gerade die, die das Flair des Anrüchigen umweht: Finanzhaie genauso wie Prostituierte. Schon spannend, dass ausgerechnet eine von ihnen Jesus mit herrlich parfümiertem Öl die Füße salbt.

 

Und wie duftet Jesus selbst?

 

Der Gestank der fiesesten Ecken dieser Welt – der wirkt merkwürdig anziehend auf Jesus. „Den einen sind wir Todesgeruch, der Tod bringt; den anderen Lebensduft, der Leben verheißt“, schreibt der Apostel Paulus. Und mehr noch. Er sagt über Christen, sie seien „Christi Wohlgeruch“ (2 Kor 2,15f).

Und wie duftet Jesus selbst? Sogar mit Blick auf das neugeborene Kind von Weihnachten wohl kaum nach Babyöl. Eher nach Heu und Stroh und Mist. Christen müssten eher nach Schafen riechen, hat Papst Franziskus gesagt – vor allem über die Bischöfe, aber letztlich gilt das für jeden. Das ist der Stallgeruch der Christen, weil sie eine Nase dafür haben, wo es gewaltig stinkt. Wo Unrecht und Unheil sind. Und da gehen sie hin.

 Apropos: Zu meinen Duft-Erinnerungen gehört auch Pater Reinald, der Bullenpater aus Königsmünster. Ein toller Prediger, Seelsorger und Priester – und diplomierter Tierwirt, Fachgebiet Rinderzucht. Oft kam er direkt vom Klosterbauernhof in die Klosterkirche zum Gottesdienst. Und dann durchwehte eine ganz spezielle Melange aus Kuhstall und Weihrauch das Chorgestühl. Ich fand das wunderbar, weil es Arbeit und Gebet, Welt und Gott sogar riechbar zusammenbrachte. Der Wohlgeruch Christi!