Christoph Kleine über Jesus, Superman & Co.

Auslegung der Lesungen vom 21. Sonntag im Jahreskreis (A)

Menschen wollen Helden. Einen, der Schluss macht mit Ungerechtigkeit, Armut, Gewalt. Der eine U-Bahn mit bloßen Händen aufhält. Und dann kam Jesus.Was ihn mit Batman und Spiderman verbindet - oder auch nicht, verrät Pastoralreferent Christoph Kleine aus Herten.

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Menschen wollen Helden. Einen, der Schluss macht mit Ungerechtigkeit, Armut, Gewalt. Der eine U-Bahn mit bloßen Händen aufhält. Und dann kam Jesus.Was ihn mit Batman und Spiderman verbindet - oder auch nicht, verrät Pastoralreferent Christoph Kleine aus Herten.

Was haben die Superhelden Batman, Spiderman und Superman gemeinsam? Sie wollen anonym bleiben. Niemand soll wissen, was hinter der biederen Fassade des Unternehmers Bruce Wayne, des Fotografen Peter Parker oder des Reporters Clark Kent steckt. Ihre Superkräfte sollen nicht an die große Glocke gehängt werden. Batman & Co. sind also eigentlich Normalos, deren besondere Fähigkeiten nur zum Einsatz kommen, wenn sie benötigt werden. Zum Beispiel, wenn Bösewichte ihr Unwesen treiben oder wenn die Welt gerettet werden muss.

Das Evangelium vom 21. Sonntag im Jahreskreis (A) zum Sehen und Hören auf unserem Youtube-Kanal.

Die Menschen haben sich zu allen Zeiten solche Helden vorgestellt. In Geschichten, Liedern und Legenden werden sie beschrieben und besungen. Dahinter steckt der Wunsch, dass einer kommt, der Schluss macht mit dem miesen aktuellen Zustand: Ungerechtigkeit, Armut, Gewalt.

Auch die Bibel kennt solch einen Helden, einen Hoffnungsträger. Sie nennt diesen Helden „Messias“. Er ist jemand, gegen das Unrecht der Mächtigen vorgeht und den Schwachen hilft. Und dieser Messias soll Jesus sein.

 

Der Traum vom Helden

 

Die römische Besatzung führt zu Armut in der Bevölkerung. Ein Menschenleben zählt nicht viel. Da ist es nicht verwunderlich, dass viele vom Helden Israels träumen. Vom Retter in der Not. Von Jesus, dem Erlöser.

Und Jesus? Er befiehlt seinen Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Messias ist. Reiht er sich damit in die Reihe unserer modernen Superhelden ein, die auch lieber nicht als solche erkennbar sein möchten, zumindest dann nicht, wenn sie als Privatperson auftreten?

 

Jesus, der Anti-Held

 

Mich beeindruckt dieses Verhalten Jesu sehr. Gerade deswegen wird er mir unglaublich sympathisch, denn Jesus Christus hat große Macht. Das hat er durch seine Zeichen bewiesen: Blinde sehend, Lahme gehend und Tote lebendig gemacht. Aber er missbraucht seine Macht nicht. Er will nicht im Mittelpunkt stehen und in der Öffentlichkeit möglichst spektakulär auftreten.

Das Gegenteil ist der Fall: Meistens vollbringt er seine Taten im ganz privaten Kreis, mit wenigen Begleitern. Oder er wirkt so, dass Außenstehende es gar nicht bemerken. Und da unterscheidet sich Jesus total von einem Superhelden: Wenn Superman eine U-Bahn mit den bloßen Händen aufhält und vor dem Entgleisen rettet, dürfte ihm eine breite Aufmerksamkeit gewiss sein.

 

Die Macht der Liebe

 

Jesus will nicht der Held sein, von dem alle träumen. Er wird eher zum Antihelden, indem er liebt, leidet und blutet. Dadurch kommt Jesus mir ganz nah, weil er eben nicht stärker oder mächtiger als wir Normalsterblichen ist. Seine Macht teilt er mit denen, die ihn verstehen. Es ist aber keine Macht oder Heldenfähigkeit, über andere zu herrschen.

Beispiele für die Fehlbarkeit von Menschen gibt es zur Genüge wie bei dem abgesetzten Palastvorsteher zur Zeit des Jesaja und dessen enttäuschendem Nachfolger (erste Lesung).
Es mag vielleicht schnulzig klingen: Es geht um die Macht der Liebe. Sie hat immer das Wohl der anderen im Blick und nicht die eigenen Interessen. Jesu Liebe will „das Leben in Fülle“. Diese Liebe will, dass es mir gut geht und ich mich frei entwickeln kann. Gerade deshalb ist sie so mächtig.

 

Jünger außerhalb der Kirche

 

Auf diese Liebe baut Jesus seine Kirche. Das ist die positive Macht, auf der Jesus seine Kirche gründet. Petrus war der Erste, mit dem Jesus seine Macht teilte: „Du bist Petrus – der Fels –, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ Petrus lernt diese Macht erst später durch eine persönliche Erfahrung richtig kennen: In einem schwachen Moment verrät er Jesus, seinen besten Freund. Doch dieser verzeiht ihm, gibt ihm Mut und richtet ihn wieder auf. Petrus erfährt am eigenen Leib, wie groß die Macht der Liebe ist.

Der Autor
Christoph Kleine ist Pastoralreferent in St. Antonius Herten.Christoph Kleine ist Pastoralreferent in St. Antonius Herten. | Foto: Privat

Nach Petrus kamen Millionen andere: Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer, Bischöfe und Priester, Präsidenten und Arbeiter, Gläubige und Suchende. Die ganze Kirche halt. Auch heute hat Jesus viele Jüngerinnen und Jünger wie Petrus. Oft sind sie verborgen und nicht Mitglieder einer offiziellen Kirche. Gemeint sind die, die sich von Jesu Liebe berühren lassen. Diejenigen, die zum Beispiel keine Gewalt anwenden und sich nach Gerechtigkeit sehnen. Gemeint sind auch wir. Denn auch uns sagt Jesus heute: „Sagt niemandem, dass ich der Messias bin.“

 

Missbraucht meinen Namen nicht!

 

Ich verstehe das so: Stellt mich nicht als Superhelden dar, denn das bin ich nicht. Missbraucht meinen Namen nicht, überredet niemanden. Gebt eure Liebe an die Menschen weiter, denen ihr begegnet, so werden sie meinen Namen kennen lernen.

So verstehe ich Offenbarung: Gott versteckt sich nicht, er will sich zeigen. Er zeigt sich, wie er ist. Jetzt liegt es an uns, seinen Namen bekannt zu machen. Dazu müssen wir keine Superhelden sein. Gottseidank!

Sämtliche Texte der Lesungen und des Evangeliums vom 21. Sonntag im Jahreskreis (A) finden Sie hier.

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