Pfarrer Karsten Weidisch über Gottes Krisenmanagement

Auslegung der Lesungen vom 3. Ostersonntag (A)

Was erwartest du von Gott? Einen Helden mit Zauberkräften im Spontaneinsatz, wenn du ihn brauchst und ihm exakt sagst, was er nun zu tun hat? Nein, so klappt das nicht, sagt Pfarrer Karsten Weidisch aus Münster in seiner Auslegung des heutigen Evangeliums.

Anzeige

Was erwartest du von Gott? Einen Helden mit Zauberkräften im Spontaneinsatz, wenn du ihn brauchst und ihm exakt sagst, was er nun zu tun hat? Nein, so klappt das nicht, sagt Pfarrer Karsten Weidisch aus Münster in seiner Auslegung des heutigen Evangeliums.

„Life is live.“ Vieles klappt, vieles geht daneben bis voll in die Hose. Wolke-Sieben-Gefühl und alles rosarot, und dann Abstürze und Depri-Phasen. Kennst du, oder? Genau: C'est la vie – mein und dein und überhaupt menschliches Leben. Genau so ist Leben und nicht und niemals und nirgendwo irgendwie anders. Warum? Weil Leben auf Erden so ist. Weil es gar nicht anders geht.

Das Evangelium zum Hören (Joh 21,1-14)

Toll, aber warum soll ich dann an einen Gott glauben? – Weil es sich genau deswegen lohnt, und ich frage: An welchen Gott glaubst du denn? Was erwartest du von ihm? Einen Helden mit Zauberkräften im Spontaneinsatz, wenn du ihn brauchst und rufst und ihm dann exakt sagst, was er nun zu tun hat? Nein, so klappt das nicht; so funktioniert er nicht – dein Gott.

Ein anderer Weg: Dein Gott ist da für dich in deiner Krise, wenn es schwer wird in deinem Leben, wenn du meinst, jetzt gerät alles aus den Fugen, deine Grundfesten wackeln, dein ganzes Leben steht für Dich infrage. Gerade dann will Gott für dich der neue Sinn-Stifter sein. Bei ihm, so ist mein Glaube an ihn, ist alle Veränderung gut aufgehoben in seiner allumfassenden Liebes-Kontinuität, in der sein Interesse an dir durch nichts und niemanden kaputt zu kriegen ist.

 

Gott für jedermann

 

Gewaltige Worte über seine großartige Zusage! In den Schrifttexten dieses dritten Ostersonntags können wir von diesem „Gott für immer und jeden“ lesen. In seiner Pfingstrede spricht Petrus Klartext: „Dies sollt ihr wissen!“ (Apg 2,14). Dann folgt zunächst seine kollektive Anklage bezüglich der Kreuzigung Jesu, doch danach sein doppeltes „Weiter!“ in der Krise: Jesu Auferstehung an Ostern zum einen, „denn es war unmöglich, dass er vom Tod festgehalten wurde“ (Apg 2,24), und auf die angeprangerten Juden hin zum anderen: Jesus „habt ihr durch die Hand von Gesetzlosen ans Kreuz geschlagen und umgebracht“ (Apg 2,23), aber eben „nach Gottes beschlossenem Willen und Vorauswissen hingegeben“.

Da finden wir die beiden fulminanten Aspekte des einen großen Erlösungswerks an Ostern: die Befreiung von Sünde und Tod. Klar sterben wir den irdischen Tod; alles andere wäre unnatürlich. Auch Jesus ist als wahrer Mensch ganz und gar gestorben und das noch auf höchst unmenschlich-brutale Weise. Aber „diesen Jesus hat Gott auferweckt.“ (Apg 2,32) Genau das ist seine Einladung zum Weiterleben; das ist sein Krisenmanagement der Liebe angesichts des unvermeidbaren Erdentodes. Der Tod lässt sich nicht beseitigen, aber er lässt sich durch-leben – Gott sei Dank! Auf ins tod-sichere Leben dank ihm!

 

Mach weiter! Versuch's nochmal!

 

Und zum zweiten weiß er um unsere menschliche Fehlerneigung. Genau in unsere Sündhaftigkeit hinein wirkt er barmherzig – sein Krisenmanagement der Liebe ist die Vergebung. So sagt es der erste Petrusbrief: Das ist unser Gott, „der jeden ohne Ansehen der Person nach seinem Tun beurteilt“ (1 Petr 1,17) und auf mein echtes „Entschuldige!“ hin sein immer neues „Willkommen!“ sagt – besiegelt „mit dem kostbaren Blut Christi, des Lammes ohne Fehl und Makel“ (1 Petr 1,19).

Der Autor
Karsten Weidisch ist Pastor in St. Joseph in Münster.Karsten Weidisch ist Pastor in St. Joseph in Münster. | Foto: Privat

Die Botschaft von Gottes unüberbietbarem Krisenmanagement von 2000 Jahren in Jesus Christus lautet: Mach weiter! Versuch's nochmal! Nie aufgeben, aber abgeben und sich gegebenenfalls auch neu umgeben. Neubeginn! Einmal ganz radikal, wenn aus Zeit und Welt dann Ewigkeit und Himmel wird; aber auch immer wieder irdisch-zeitlich-lebenspraktisch wie beim Fischfang am See; das ist die Kontinuität seiner Liebe bei aller noch so fundamentalen oder alltäglichen Veränderung. So finden wir diese Szene am See von Tiberias bei Lukas vorösterlich, bei Johannes im heutigen Sonntagsevangelium nachösterlich.

 

Lebensnetz der Liebe

 

Es ist der Auferstandene, der die Begegnung sucht mit der klaren Botschaft: Bei Gott zerreißt das Lebensnetz niemals. 153 und noch viele mehr, ja alle haben Platz in seinem Lebensnetz der Liebe, des Gelingens und der Sendung. „Denn sie wussten, dass es der Herr war“ (Joh 21,12). Sie wussten es, weil sie diesen Gott glaubten, der die Auferstehung ermöglichte; weil sie zum notwendigen Perspektivenwechsel bereit waren und der anderen Seite die Erfahrungschance erhielten; weil sie in der Krise nicht erstarrt verzweifelten.

Wir auch? Oder besser gefragt: Du auch? Ich auch? „Denn diesen Jesus hat Gott auferweckt, dafür sind wir alle Zeugen“ (Apg 2,32). Also bezeugen wir nach der uns eigenen charismatischen Erkenntnis diesen Gott des Lebens, der die größten Krisen des Lebens damals ein für allemal überwunden hat.

Die Text der Lesungen und des Evangeliums vom 3. Ostersonntag (Lesejahr A) finden Sie hier. Dieser Sonntag bietet zwei Evangelien an. Wo am Weißen Sonntag bereits das Evangelium vom Emmaus-Gang verkündet wurde (Lk 24, 13-35), wird das Evangelium von der Begegnung des Auferstanden mit den Jüngern am See (Joh 21, 1-14) gelesen. Darauf bezieht sich die Auslegung von Pfarrer Karsten Weidisch. | mn

Anzeige