Gemeinde funktioniert historische Familiengräber um

Cloppenburger Pfarrei rettet alte Grabmale mit neuen Urnen

  • Die Cloppenburger St.-Andreas-Pfarrei schafft Urnenfelder auf alten Familiengräbern – und erhält die Grabmale darauf.
  • Manche der Skulpturen und Grabsteine sind mehr als hundert Jahre alt.
  • Die Nachfrage nach solchen Ruhestätten wächst.

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Das wuchtige Sandstein-Grabmal atmet Geschichte. Seit mehr als hundert Jahren steht es auf dem Grab der Familie Heyer auf dem alten Cloppenburger Friedhof. 1969 wurde das letzte Familienmitglied hier bestattet.

Die Nachfahren hatten das Familiengrab bereits vor Jahren an die St.-Andreas-Gemeinde zurückgegeben. Die Pfarrei wollte es erhalten. Weil es den besonderen Charakter des alten Friedhofs mitpräge, erklärt der leitende Friedhofsgärtner Jürgen Grüßing.

Historische Grabmale bleiben erhalten

Von solchen alten Familiengräbern hat der Friedhof eine ganze Reihe. Gräber mit teils imposanten und historisch interessanten Inschriften und Skulpturen. Wo Nachkommen fehlen, die sie verlängern wollen.

Gräber, die eigentlich freigemacht werden müssten – für die die St.-Andreas-Pfarrei auf ihrem alten Friedhof aber eine neue Verwendung gefunden hat: als Flächen für Urnengräber unter historischen Grabsteinen.

Nicht jedes Grab auf dem Cloppenburger Friedhof eignet sich

Dieses Grab wurde zu einem kleinen Urnenfeld umfunktioniert.
Dieses Grab war eines der ersten alten Familiengräber auf dem alten Cloppenburger Friedhof, das zum kleinen Urnenfeld umfunktioniert wurde. | Foto: Michael Rottmann

„Ideal“ nennt Gärtnermeister Grüßing die Kombination. Zum einen, weil damit Raum für Urnen entsteht. Die machen rund die Hälfte der pro Jahr rund 200 Beisetzungen auf den drei Friedhöfen der Pfarrei aus. Zum anderen, weil so historisch und künstlerisch interessante Grabmale erhalten bleiben können.

Die Friedhofsverwaltung wähle gezielt geeignete Gräber für solche Urnengrabstellen aus, erklärt Karin Niemöller, die Geschäftsführerin der St.-Andreas-Pfarrei. Die Angehörigen müssten die Gräber dann nicht, wie eigentlich laut Friedhofssatzung vorgeschrieben, nach Ablauf der Nutzung auf eigene Kosten abräumen und ihr Denkmal entsorgen lassen.

Manche Gräber müssen erst freigeräumt werden

Manche dieser Gräber müssen dann erst noch für den neuen Zweck vorbereitet werden. Da geht es nicht nur um die Standsicherheit, oft muss auch üppiger Bewuchs entfernt werden. Gärtner Grüßing zeigt auf das Grab der Familie Heyer. „Da vorne standen zwei 30 Jahre alte Zedern, fünf, sechs Meter hoch. Die mussten erst mal weg.“

Insgesamt ist auf dem ehemaligen Sechser-Grab jetzt Platz für 16 Urnen. Ein Urnengrab ist schon belegt. In ein paar Tagen folgt die nächste Beisetzung. „Daran sieht man, wie gut das Angebot angenommen wird“, sagt Jürgen Grüßing.

Mit Rasengräbern haben manche Angehörige Probleme

Besser jedenfalls als die Rasengräber mit je einer Plakette an einer zentralen Stele, die der Friedhof ebenfalls als Option anbietet. „Am Anfang ist die Entscheidung für so ein Rasengrab kein Problem“, sagt Jürgen Grüßing. Als Ansprechpartner für die Angehörigen weiß er aber aus Erfahrung, wie es manchen später damit geht. „Nach ein paar Wochen wollen sie wissen, wo genau ihr Verstorbener liegt.“ Einen Ort zu haben – das sei eben wichtig für die Verarbeitung der Trauer.

Das ist bei den Flächen unter historischen Grabsteinen kein Problem. Jedes Grab erhält eine kleine quadratische Grabplatte aus schwarzem Stein mit Namen und Lebensdaten. Damit alle zueinander passen, sind Form und Farbe dafür vorgegeben.

Drei solcher Grabstellen gibt es schon

Karin Niemöller.
Karin Niemöller ist als Geschäftsführerin der St.-Andreas-Pfarrei auch für die Friedhöfe verantwortlich. | Foto: Michael Rottmann

Von den Urnenflächen unter alten Grabmalen hält die Pfarrei solche für Paare und ein andere für Einzelgräber vor. 2018 hatte die Gemeinde damit begonnen, die ersten davon zu vergeben. Die 14 Plätze auf einem der ältesten Gräber auf dem Friedhof sind belegt oder für Ehepartner reserviert.

Auch das Grab der Familie Heyer werde sich bald füllen, sagt Jürgen Grüßing. „Und die nächsten Grabstellen haben wir schon ins Auge gefasst.“ Um die Pflege der mit Bodendeckern bepflanzten alten Familiengrabstellen kümmert sich die Friedhofsverwaltung. Das bedeutet: Mit dem Erwerb des Nutzungsrechts einer der einheitlich gestalteten Urnengrabstellen für 30 Jahre – 1100 Euro plus Gebühr für die Platte – sind die Pflegekosten bereits abgegolten.

Angebot des St.-Andreas-Friedhofs ist vielfältig

Auch das macht solche Gräber attraktiv. „Die Menschen machen sich darüber ja viele Gedanken“, sagt Jürgen Grüßing. Über Fragen wie: Wenn ich nicht mehr da bin – wer kümmert sich dann um alles?

„Die meisten haben nur zwei Möglichkeiten im Kopf: entweder Sarg oder Urne. Und sie sind überrascht, wie viele andere unterschiedliche Möglichkeiten wir bieten.“ Vom Reihen-Erdgrab über eine kirchliche Bestattung unter einem Baum bis hin zu den Urnengräbern auf alten Familiengräbern.

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