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Ein Großneffe von Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer kritisiert, dass Corona-Impfgegner den von seinem Vorfahren verfassten Text „Von guten Mächten“ verwenden. Es mache ihm Angst, „wie etwas aus dem Zusammenhang herausgerissen wird und wie diese Szene Widerstandstraditionen besetzt und instrumentalisiert“, sagte Mathias Bonhoeffer am Dienstag dem Kölner Online-Portal domradio.de.
Auch andere Texte seines Großonkels würden auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen verwendet. Mathias Bonhoeffer, der wie Dietrich Bonhoeffer als evangelischer Pfarrer tätig ist, betonte: „Wir leben nicht in einer Merkel- oder Scholz-Diktatur, sondern in einem freien Land.“ Er wolle sich über rechtliche Schritte informieren.
Mathias Bonhoeffer bietet Gespräch an
Nazi-Gegner und Theologe Dietrich Bonhoeffer wurde am 9. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg im Alter von 39 Jahren erhängt. Das Gedicht „Von guten Mächten“ ist sein letzter erhaltener theologischer Text vor seiner Hinrichtung. Er schrieb es in einem Brief an seine Verlobte Maria von Wedemeyer auf, den er im Dezember 1944 verfasste. Die Vertonung des Gedichts zählt heute zu den bekanntesten religiösen Liedern des 20. Jahrhunderts. In den Versen klingen Bonhoeffers eigene bedrohliche Situation – er war gefoltert worden und musste mit dem Tod rechnen – und auch die seiner Familie an. Ein Teil seiner Geschwister saß wegen Verwicklung in den Widerstand ebenfalls in Haft.
„In dem Gedicht bat er darum, mit der Familie wieder zusammengeführt zu werden“, erklärte Mathias Bonhoeffer. „Gleichzeitig sah er aber auch sehr deutlich, dass das nicht gehen würde und er den bitteren Kelch zu trinken haben werde.“ Der Kölner Pfarrer geht nicht davon aus, dass die Gegner der Corona-Maßnahmen die Geschichte hinter dem Text kennen. Er sei bereit, „mal bei einer Tasse Kaffee“ persönlich darüber zu reden. Auf Demonstrationen werde er aber nicht auftreten.