Begegnungen mit 18 „Jahrhundertzeugen“

Scholl, Schindler, Stauffenberg: Buch stellt Kämpfer gegen Hitler vor

18 Geschichten von Menschen, die sich gegen Hitler wandten, stellt Tim Pröse im Buch „Jahrhundertzeugen“ vor. Neben den Geschwistern Scholl, Oskar Schindler und Claus Graf Stauffenberg nimmt er auch unbekanntere Widerstandskämpfer in den Blick.

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Am 31. Janaur wird die ­Auschwitz-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch (92) anlässlich des Holocaust-Gedenktags am 27. Janaur im Bundestag eine Rede halten. Die Cellistin konnte sich vor dem Tod retten, da sie im Mädchenorchester des Vernichtungslagers spielte.

Auch sie kann als „Jahrundertzeugin“ bezeichnet werden. Genau darum geht es im Buch von Tim Pröse: Der Journalist berichtet von Menschen, die sich entschlossen gegen Hitler und sein Regime stellten. Oft haben sie dabei ihr Leben riskiert – oder mussten ihr Leben dafür lassen.

 

Geschwister Scholl und Oskar Schindler

 

Da ist zum Beispiel Inge Aicher-Scholl. Auch Jahrzehnte nach dem Tod ihrer Schwester Sophie fühlte sie sich ihr verbunden. Die Geschichte von Sophie Scholl ist bekannt: Gemeinsam mit der Weißen Rose, der unter anderem auch ihr Bruder Hans angehörte, hat sie Flugblätter verteilt, um Hitler und die Nazis zu stoppen. Sie wurde erwischt und bereits nach wenigen Tagen hingerichtet. Ihre Motivation nahm die evangelische Sophie vor allem aus dem Glauben.

Oskar Schindler, bekannt aus Steven Spielbergs Film „Schindlers Liste“, findet ebenso Platz in dem Buch. Er ließ Juden in seinen Fabriken arbeiten, um sie zu retten. Oskar Schindler war Unternehmer und Mitglied der NSDAP. So stellte er seine sogenannten „Schindler-Juden“ anfangs vor allem aus wirtschaftlichen Gründen ein. Doch er begann sich zu ändern und rettete Menschen das Leben, die seine Parteikollegen als „lebensunwürdig“ und „asozialen Abschaum“ bezeichneten.

 

Stauffenberg und Bonhoeffer

 

Neben Claus Schenk Graf von Stauffenberg, Anne Frank und Dietrich Bonhoeffer wird dem „Dalli Dalli“-Moderator Hans Rosenthal ein Kapitel gewidmet. Er wurde als 18-jähriger Jude von drei Frauen versteckt. Nach dem Leid, das er erlebte, wollte Rosenthal vor allem Fröhlichkeit stiften und Notleidenden helfen; das Preisgeld aus den Sendungen kam immer einer bedürftigen Familie zugute.

Buchtipp
Tim Pröse: „Jahrhunderzeugen. Die Botschaft der letzten Helden gegen Hitler“, 320 Seiten, 19,99 €, Heyne-Verlag, ISBN 978-3-453-20124-8

Doch auch Helden, die weniger bekannt sind, würdigt Pröse in seinem Werk: So zum Beispiel den Tischler Georg Elser, der eine Bombe an Hitlers Redepult im Bürgerbräukeller befestigte. Sie explodierte allerdings 13 Minuten zu spät, da Hitler unerwartet den Saal früher verlassen hatte. Elser wurde festgenommen und getötet.
Pröse erzählt von den „Jahrhundertzeugen“, indem er sie selbst oder Menschen trifft, die sie gut kannten. Auch Literatur zieht er zu Rate. Die Rahmenhandlung beschäftigt sich mit Jurek Rotenberg, einem Juden, der vom „Krupp“-Riesen Berthold Beitz gerettet wurde.

 

Neonazi-Gegner der Gegenwart

 

Wie Oskar Schindler wollte er den Barbareien der Nationalsozialisten nicht tatenlos zusehen und zog Menschen buchstäblich aus dem Todeszug, damit sie in seiner Fabrik arbeiten und so überleben konnten. Dafür bestach er das eine oder andere Mal SS-Männer, wurde einmal sogar festgenommen. Rotenberg empfindet für Beitz bis heute eine tiefe Dankbarkeit.

Am Ende des Buches werden Helden in der Gegenwart thematisiert, die sich heute für andere einsetzen. Dabei riskieren sie zwar selten ihr Leben, opfern sich allerdings trotzdem für andere auf. Pröse beschreibt beispielsweise den Journalisten René Wappler, der trotz Morddrohungen gegen Neonazis ankämpft.

Tim Pröse schreibt in einer so bildhaften und gefühlvollen Sprache, dass das Lesen eine Gänsehaut verursacht. Er scheint genau das zum Ausdruck zu bringen, was in den „Jahrhundertzeugen“ vorgeht oder vorging. Die beschriebenen Helden sollten zu Vorbildern werden, auch – oder ­besonders – in der ­heutigen Zeit.

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