Martin Zumbült zum Schreiben zu Frauen-Priesterweihe und Homosexualität

Der Vatikan sollte merken: Mit Basta-Politik ist keine Kirche zu machen

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Immer wieder spielt der Vatikan in letzter Zeit die Autoritäts-Karte und zeigt vermeintlich „rote Linien“ auf. Doch zeigt das nur, dass der Vatikan sein Pulver verschossen hat, erklärt Kirchenrechtler Martin Zumbült in seinem Gast-Kommentar.

Am 25. Oktober hat es der Vatikan wieder getan: Er stellt ein Stoppschild auf und will es verbieten, über die Frage der Weihe für Frauen und über die Lehre zur Homosexualität zu diskutieren. Damit stellt sich der Vatikan einerseits in Widerspruch zum Synthesebericht der 16. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode, in der erstens eine Auseinandersetzung mit den strukturellen Bedingungen für die Ermöglichung sexuellen Machtmissbrauchs (Nr. 1 lit e) und zweitens eine Integration der Human- und Geisteswissenschaften in das theologische Denken (Nr. 2 lit h) gefordert wird.

Diese teils schwammigen Forderungen müssen in den Ortskirchen konkretisiert werden und bei aller Ungleichzeitigkeit in die Kirche integriert werden können. Dabei darf die Theologie nicht schon das Ergebnis vorgeben wollen, denn dann wäre jeder Austausch mit den Wissenschaften zum Scheitern verurteilt.

Andererseits macht dieses Schreiben deutlich, dass der Vatikan sein Pulver verschossen hat. Es wird nur noch die Autoritäts-Karte gespielt. Es wird kaum noch der Versuch unternommen, die vorgeblichen Argumente, die früher schon keine waren, zu wiederholen. Mit einer solchen Basta-Politik ist keine Kirche zu machen. Und sie wird auch keinen Erfolg haben. Der mündige Christ lässt sich den Mund nicht verbieten.

Vatikan sollte Offenheit zeigen

Der Autor
Martin Zumbült, Theologe, Jurist und Kirchenrechtler, ist Diözesanrichter am Bischöflichen Offizialat in Münster sowie Ehebandverteidiger am Bischöflichen Offizialat in Aachen.

Derartige Grenzziehungen laden geradezu zum Widerspruch ein. Eine Kirche, die dogmatisch und strukturell Menschen diskriminiert, hat nicht nur in unseren Breiten keine Zukunft.

Schon Karl Rahner wusste: „Die Dogmen sind im Grund genommen wie die Laternen, die uns auf dem Weg durch die dunkle Nacht leuchten, und nur Betrunkene halten sich daran fest.“ Die vermeintlich beständigen Lehren, um die es hier geht, sind weder für eine katholische Identität noch für das Heil der Seelen erforderlich.

Staatliches Recht als Vorbild

Im staatlichen Recht gilt, dass Verkehrsschilder nur dort aufgestellt werden dürfen, wo es verhältnismäßig und erforderlich ist. Hiervon könnte sich der Vatikan eine Scheibe abschneiden. Wenn wir hörend und suchend miteinander Kirche gestalten wollen, dann kann das nicht in vorher festgelegten Grenzen passieren, sondern es erfordert eine Offenheit, die die Würde und Gleichberechtigung aller Menschen zur Grundlage hat.

Wo das Volk Gottes gemeinsam auf dem Weg ist, braucht es keine Absperrbänder und Stoppschilder, sondern Wegbegleiter und Wegbereiter.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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