Wolfgang Beinert: Theologie akzeptiert Aussagen Johannes Pauls II. nicht

Ratzinger-Schüler: Alle Argumente gegen Priesterinnenweihe „schwach“

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Johannes Paul II. soll 1994 die Frage der Weihe von Priesterinnen beantwortet haben. Nein, sagt der Theologe und Ratzinger-Schüler Wolfgang Beinert. Die Argumente gegen die Weihe auch in dem oft zitierten Papstschreiben seien „um es vorsichtig zu sagen, schwach und stehen auf sehr tönernen Füßen“.

Der Regensburger Theologe und Joseph-Ratzinger-Schüler Wolfgang Beinert sieht keinen hinreichenden theologischen Grund gegen eine katholische Priesterweihe für Frauen. Das oft zitierte Papstschreiben „Sacerdotalis ordinatio“ Johannes Pauls II. von 1994 habe nur die Geltungskraft einer Mitteilung, sagte Beinert der „Rheinischen Post“. Alle Argumente darin seien, „um es vorsichtig zu sagen, schwach und stehen auf sehr tönernen Füßen“.

Von der großen Mehrzahl ernstzunehmender Theologen würden sie darum auch nicht akzeptiert, sagte Beinert. Der einzige Grund für die Verweigerung einer Priesterinnenweihe sei die Tradition. Die sei aber nicht gottgegeben, sondern von Menschen so geschaffen worden. Johannes Paul II. wirft Beinert einen versuchten Rollback der Vorhaben des Zweiten Vatikanischen Konzils vor; unter anderem im Sinn einer überholten Sexualmoral.

Beispiel Maria Magdalena

Der emeritierte Professor fordert eine dringende Reform des Priesteramtes: „Es wäre doch überhaupt nichts gewonnen, wenn heute auch Frauen einfach nur geweiht werden dürfen, und alles andere bliebe beim Alten.“ Mit Priesterinnen müsse die Hierarchie in der Kirche vollkommen neu bedacht werden.

Zu einem historischen Vorbild des Frauenpriestertums, Maria Magdalena, sagte der 90-Jährige: „Man könnte ein wenig zugespitzt formulieren: Wenn Maria von Magdala nicht vom auferstandenen Jesus beauftragt worden wäre, die Osterbotschaft zu verkünden, dann wüssten wir sie heute noch nicht.“

Ohne Reformen wird Kirche „zur Sekte“

Der einstige Ratzinger-Schüler sieht die katholische Kirche am Scheideweg: „Entweder sie bleibt dort, wo sie jetzt ist – dann wird sie zumindest auf der nördlichen Halbkugel zu einer großen Sekte verkümmern. Oder sie geht den Weg der Reformen; dann kann ihre wunderbare Botschaft wieder aufblühen.“

Reformen bräuchten Zeit, so Beinert. Da sei der deutsche Synodale Weg für die Gesamtkirche wie eine kalte Dusche gewesen: „Irgendeiner musste anfangen“, so Beinert. „Diesmal war es die katholische Kirche in Deutschland. Und der, der zum ersten Mal etwas anderes macht, wird meistens verdammt.“

„Den Status, an dem sich nichts ändert, nennen wir Tod“

Die Kirche müsse „immer wieder neu lernen. Veränderungen sind ein Zeichen von Vitalität. Den Status, an dem sich nichts ändert, nennen wir Tod. Wenn ich mich Veränderungen verweigere, stehe ich langsam, aber kontinuierlich auf der Seite der Verlierer.“

Beinert, 1959 zum Priester geweiht, war ab 1972 Professor für Dogmatik in Bochum, ab 1978 bis zu seiner Emeritierung 1998 in Regensburg. Beinert ist Herausgeber des „Lexikons der katholischen Dogmatik“ und des „Handbuchs der Marienkunde“.

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