Dogmatik-Professor aus Münster analysiert Vatikan-Dokument

Seewald: Segens-Ja kann Folgen für die Weihe von Priesterinnen haben

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Lange erklärte die Kirche, sie habe „keine Vollmacht“, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen – nun tut sie es doch. Der Dogmatiker Michael Seewald von der Universität Münster sagt, warum der Fall der Frauen-Weihe ähnlich liegt.

Michael Seewald, katholischer Dogmatik-Professor an der Universität Münster, hält nach dem Ermöglichen des Segens für unverheiratete und homosexuelle Paare auch eine Öffnung des Priesteramts für Frauen für denkbar – mit einer ähnlichen Argumentation wie im Segens-Fall.

Das neue Vatikan-Dokument mache „aus seinem prozesshaften Charakter keinen Hehl“, schreibt Seewald im „Kölner Stadt-Anzeiger“. Theologen, Seelsorger, engagierte Katholiken und eine kritische Öffentlichkeit sollten Seewald zufolge „daher nicht nachlassen in ihrem Drängen, dass sich auch die ,Weiterentwicklung' der Lehre, von der die Erklärung spricht, selbst noch einmal weiterentwickelt“ – auch in Bezug auf die Frauenordination.

„Dieselbe Argumentationsfigur“

Die Glaubensbehörde habe noch 2021 erklärt, der Kirche fehle „die Vollmacht“, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen. Diese Vollmacht spreche die neue Erklärung „Fiducia supplicans“ der Kirche nun doch zu.

Der Theologe überträgt die Argumentation auf die Frauenordination: „Der Ausschluss der Frauen vom Priesteramt wurde unter Johannes Paul II. mit derselben Argumentationsfigur begründet: Die Kirche habe keine Vollmacht, Frauen das Sakrament der Weihe zu spenden.“

Wandel bei der „Vollmacht der Kirche“

Seewald folgert: „Was die Kirche als in ihrer Vollmacht stehend betrachtet, ist einem historischen Wandel unterworfen.“ Dass der Vatikan dies offen zugebe, „könnte ein Indiz für behutsam vorbereitete Veränderungen sein, drängende Fragen des kirchlichen Lebens betreffend, in denen Entwicklung bislang ausgeschlossen schien“.

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