Gunda Werner fordert offene Diskuission

„Nihil obstat“: Theologin sieht systemische Diskriminierung von Frauen

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Das Verfahren zur Erlangung der kirchlichen Lehrerlaubnis „Nihil obstat“ sollte offener diskutiert werden. Das fordert die Bochumer Theologin Gunda Werner und sieht eine strukturelle Benachteiligung von Frauen.

Über das Verfahren und die Hindernisse bei der Erlangung der kirchlichen Lehrerlaubnis muss aus Sicht der Theologin Gunda Werner offener kommuniziert werden können. „Probleme mit dem Nihil obstat zu haben, darf nicht etwas sein, über das man beschämt schweigt. Das treibt Menschen in die Vereinzelung“, sagte die Bochumer Theologin in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview des Portals katholisch.de. „Es lässt das Gefühl entstehen, dass mit der Person etwas nicht stimmt. Ein systemisches Thema und Problem wird personalisiert.“

Werner ist Vorsitzende der Theologinnenvereinigung Agenda. Diese hatte zuletzt eine Studie veröffentlicht, in der ein Großteil der Bewerber für einen theologischen Lehrstuhl das „Nihil obstat“-Verfahren als für sie undurchsichtig und belastend beschrieben hatte.

Gründe für Benachteiligung von Frauen

Besonders bei Forschungsthemen im Bereich Gender, Frauen in der Kirche, interreligiösen Dialog und Sexualmoral kämen Rückfragen und Beanstandungen am wissenschaftlichen Nachwuchs häufiger vor, sagte die Theologin. In der Studie wird das vor allem darauf zurückgeführt, dass diese Themen an sich in der Kirche kritisch angesehen würden. „Man könnte natürlich auch anders fragen: die Themen, die beanstandet werden, scheinen gegenwärtige Kernthemen zu treffen“, erklärte Werner.

Stärker betroffen von dem Phänomen waren laut Studie Frauen. Diese hätten mit fast 15 Prozent deutlich mehr Beanstandungen zu ihrer Forschung bekommen als Männer (6,2 Prozent). Dafür sehe sie zwei systemische Gründe, so Werner. Zum einen gehe die katholische Kirche von einer „sehr spezifischen Anthropologie“ aus, die es Frauen erschwere, sich in einem öffentlichen Feld vorurteilsfrei zu bewegen. „Zum anderen werden bestimmte Themen stärker mit Frauen verbunden und bisher auch von ihnen erforscht: Theologische Frauenforschung wird in der Regel auch von Frauen betrieben.“ Diese Forschung treffe auf ein System, „das strukturell frauenfeindlich ist“, betonte die Theologin. Damit stünden die betreffenden Wissenschaftlerinnen schon „unter Generalverdacht“.

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