Gastkommentar von Pater Elmar Salmann zum Weihnachtsfest im Coronajahr

Dieses Weihnachten wird näher am Original sein

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Die Welt ist im Umbruch – Instanzen der Vermittlung sind unansehnlich geworden, verlieren ihre Funktion, zerlegen sich selbst, beobachtet Pater Elmar Salmann. Da kündigt sich ein anderer Advent an, nicht weihnachtsmarktselig, sondern herber, einsamer.

Alles ist heute auf Unmittelbarkeit angelegt, auf sofortige Teilhabe, Information, Reaktion. Da tun sich die Instanzen der Vermittlung schwer, sind ganz unansehnlich geworden, verlieren ihre Funktion, zerlegen sich selbst.

Die katholische Kirche ist ein besonders sichtbarer und ins Rampenlicht gerückter Fall. Dem agnostisch, allenfalls vage spirituell oder religiös gestimmten Menschen ist deren sakramental-hierarchischer Aufbau und Anspruch ganz fremd, ihre rechtliche Panzerung, erst recht die alte Aszese, die Macht, Geld und Sexualität zu bekämpfen suchte und nun dabei ertappt wird, wie sehr sie dem Verdrängten selbst erlegen ist. Die Menschen sind aber nun mal frei von der Religion, allenfalls bereit, einige ihrer Motive ebenso frei aufzunehmen.

 

Es ist die Stunde starker Exekutiven

 

Ähnlich schwer tun sich die repräsentative Demokratie und die Parteien, die sich in Bewegungen auflösen oder von starken Männern abgelöst werden. Es ist die Stunde starker Exekutiven; Parlamente und gar der Föderalismus stehen eher im Abseits, erweisen sich als scheinbar unnötige Komplizierung, ob bei der Einhegung der Pandemie oder den Präsidentenwahlen in Amerika.

Der Autor
Pater Elmar Salmann OSB war lange Jahre Theologieprofessor in Rom. Er lebt als Mönch in der Benediktinerabtei Gerleve.

Die Banken schließen, wie die Kirchen, ihre Filialen, ihr klassisches Geschäft ist angesichts der unendlichen Geldströme und virtuellen Spekulationen ausgehöhlt. Der Einzelhandel wird vom Direktversand aus dem Feld geschlagen, der Zeitungsjournalismus von den Werbe- und Informationsmöglichkeiten des Netzes. Und das Virus überspringt alle Grenzen, ist in unheimlicher Unmittelbarkeit überall präsent.

 

Ein anderer Advent – ein anderes Neujahr

 

Da kündigt sich ein anderer Advent an, nicht weihnachtsmarktselig, sondern herber, einsamer, vielleicht mit der strengen Predigt des Täufers und der Einsamkeit Mariens als Gefährten: Da verließ sie der Engel. Eine andere Weihnacht, weniger gefühlvoll, sondern näher an der ausgesetzten Armut der Geburt Jesu, an seiner Flucht nach Ägypten.

Ein anderes Neujahr, weniger champagnergetränkt und lärmend, vielmehr von Ungewissheit geprägt, einer Kontingenzdemut, die die Unsicherheit und Vorläufigkeit des Endlichen annimmt und in Gebet und kleiner Alltagsliebe vor Gott austrägt.

Die Positionen der Gastkommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche+Leben“ wider.

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