Bischof: Westen unterschätzt, was für viele Türken entscheidend war

Erdogan-Wahl: Katholische Kirche hofft auf Politik der Zusammenarbeit

  • Nach der Wiederwahl von Präsident Recep Tayyib Erdogan in der Türkei hofft Bischof Paolo Bizzeti auf eine Politik der Zusammenarbeit.
  • Die Regierung könne weiter auf die Unterstützung der Caritas nach dem schweren Erdbeben Anfang Februar zählen.
  • Die katholische Kirche habe "nie Schwierigkeiten mit der Regierung Erdogan" gehabt.

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Der Apostolische Vikar in Anatolien, Bischof Paolo Bizzeti, hofft nach der Wiederwahl des türkischen Präsidenten Recep Tayyib Erdogan auf "eine Politik der Zusammenarbeit mit allen politischen, sozialen, religiösen und kulturellen Kräften im Land". Die Türkei sei ein Land mit vielen Ressourcen und Verschiedenheiten, die nicht vernachlässigt werden sollten, sagte der italienische Jesuit den katholischen Pressediensten SIR und Fides.

Zu den großen Herausforderungen zählt Bizzeti die Bewältigung der Schäden des schweren Erdbebens, das die Türkei und Syrien Anfang Februar heimgesucht hatte. Dabei könne die Regierung auch auf die Caritas des Landes zählen, so Bizzeti, der auch deren Präsident ist.

Erdogan gewann Stichwahl

Erdogan gewann die Präsidenten-Stichwahl am Sonntag mit 52 Prozent vor seinem Herausforderer Kemal Kilicdaroglu (48 Prozent). Der Westen, so Bizzeti, sei auf bestimmte Aspekte fixiert, "während es andere gibt, die für das türkische Volk eindeutig wichtiger sind und die wir unterschätzen".

Für viele Türken sei die internationale Bedeutung, die das Land unter Erdogan erlangt habe, ein wesentlicher Faktor. Erdogan werde von Europa, den USA, Russland oder den Golfstaaten als wichtiger geopolitischer Akteur anerkannt. Erdogan sei eine Führungspersönlichkeit, "die fest im Sattel sitzt und auf internationale Anerkennung und Unterstützung zählen kann".

Bischof: Medien haben Erdogan geholfen

Geholfen habe dem alten und neuen Präsidenten freilich auch, dass die Medien zu großen Teilen in der Hand der Regierung seien. Dass sich Erdogan nur mit rund zwei Millionen Stimmen Vorsprung durchsetzte, zeige allerdings auch die Gespaltenheit des Landes, so Bizzeti.

Die christlichen Gemeinschaften in der Türkei stünden dem Wahlergebnis recht gleichmütig gegenüber, beobachtet der Ordensmann. Die katholische Kirche habe "nie Schwierigkeiten mit der Regierung Erdogan" gehabt. Es gebe Fragen, die immer ungelöst gewesen seien, etwa die Rechtspersönlichkeit der katholischen Kirche. Aber das seien Probleme, die auf den Vertrag von Lausanne von 1923 zurückgingen, nicht auf die Regierung Erdogan.

Glückwünsche aus Moskau

Unterdessen gratulierte der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios, Erdogan zum Wahlsieg. Er wünschte ihm eine fruchtbare und erfolgreiche neue Amtszeit zum Wohl aller Bürger, so der griechisch-orthodoxe Kirchenführer.

Auch der Moskauer Patriarch Kyrill beglückwünschte Erdogan. Das Ergebnis zeige, dass die Bürger der Reformpolitik vertrauten, die Erdogan in Gesellschaft und Wirtschaft vorantreiben, hieß es in dem Glückwunschschreiben.

Zwischen Russland und der Türkei bestünden enge Bindungen, "für deren Stärkung Sie und Ihre Partner in den vergangenen Jahren hart gearbeitet haben". Kyrill hoffe zudem, dass das Handeln des türkischen Präsidenten künftig auf die Entwicklung guter nachbarschaftlicher Beziehungen zwischen beiden Ländern abzielen werde.

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